Angeklickt: Spectacles - Die Sonnenbrille, die keine ist

Stand: 13.01.2017, 17:07 Uhr

In den USA gibt es sie schon: Die neue Sonnenbrille von Snap, eher eine unsichtbare Videokamera als Sonnenbrille. Jörg Schieb hat sich die Brille organisiert und zeigt, was damit geht und welche ungewöhnlichen Aufnahmetechniken existieren.

Snap hat eine neue Sonnenbrille rausgebracht: links im Bügel sitzt die eigentliche Kamera. Rechts im Bügel gibt's eine LED-Leuchte. Wenn die an ist, dann nimmt die Brille gerade ein Video auf. Einmal auf den Bügel getippt, startet die Aufnahme auch schon. Völlig unkompliziert. Zehn Sekunden lang. Aus der sogenannten Ich-Perspektive.

Die Brille zeichnet genau das auf, was ich auch sehe. Übrigens auch den Ton. Das ist schon mal das Besondere an der neuen Spectacle-Brille: Man nimmt damit Videos auf, ohne mit dem eigenen Smartphone herumfuchteln zu müssen.

Weil sich die Kameralinse wirklich unmittelbar über dem Auge befindet, sieht man später im Video genau das, was man selbst auch beim Drehen sieht. Aus demselben Blickwinkel. Die beiden Hände sind frei. Man kann sie benutzen.

Eine weitere Besonderheit ist, dass man weder querformatige noch hochformatige Videos aufnimmt, sondern – runde. Auf dem Smartphone kann man selbst entscheiden, ob das Video dann im Hoch- oder Querformat ausgespielt wird, indem man einfach das Gerät dreht. Das Smartphone präsentiert dann den entsprechenden Ausschnitt.

Die Brille ist ein Gadget, ein technisches Spielzeug von Snap, besser bekannt als Snapchat. Snap ist eine Kommunikations-App, die es seit ein paar Jahren gibt und die vor allem bei jungen Menschen sehr beliebt ist. Man kann damit Fotos und Videos teilen und kleine Geschichten erzählen.

Mit der neuen Brille sollen Snap-Benutzer eine bequeme und unkonventionelle Methode an die Hand bekommen, Fotos und vor allem Videos zu machen – und die auf Snap zu teilen.

Die Brille wird mit Snap gekoppelt und auch mit der Snap-App bedient. Jedes Snap-Video ist maximal 10 Sekunden lang. Man kann auch kürzere Videos drehen, aber keine längeren. Wer mag, kann seine Aufnahmen durch Emojis, Bilder oder Texte ergänzen – und dann auf Snap veröffentlichen. Doch die Videos können auch außerhalb von Snap verwendet werden.

Weil sie aber kreisrund sind, sehen sie etwas ungewöhnlich aus und sind gewöhnungsbedürftig. Wer also solche runden Videos auf Facebook, Twitter und Co. entdeckt, weiß: Die wurden garantiert mit einer Spectacle-Brille aufgenommen. Weil sich damit so einfach Aufnahmen machen lassen, werden wir sicher in Zukunft recht häufig solche Videos sehen.

Wer sich nun Sorgen macht, dass jeder unbemerkt Videos aufnimmt: Die Sorgen sind begründet. Denn wer schaut schon so genau hin, ob in einer Brille eine Leuchtdiode angeht, um uns zu signalisieren, dass gerade ein Video aufgenommen wird?

Außerdem wird es ganz sicher schnell Tricks geben, diese Leuchtdiode auszuknipsen, damit man das eben nicht sieht, wenn ein Video gedreht wird.

Es wird heute zwar sowieso überall gedreht, fotografiert und gefilmt – aber das ist zweifellos eine neue Dimension, finde ich.

Wenn jemand mit einem Smartphone in der Hand etwas aufnimmt, das sehen wir mittlerweile. Doch ob jemand so eine winzige Actioncam in der Hand hält oder irgendwo angebracht hat, das lässt sich schon mal übersehen. Eine in der Brille versteckte Kamera.... Das hat schon was von James Bond und dürfte, sollte die Brille erst mal im großen Stil verfügbar sein, für viel Ärger sorgen.

Apropos: Rund 130 Dollar kostet die Brille. Eigentlich. Denn man bekommt sie kaum. Es werden derzeit nur wenige Exemplare verkauft. Auf eBay muss man ein Mehrfaches bezahlen, um an so eine Brille zu kommen.

Eine künstliche Verknappung ist das. Ein PR-Gag. Man kann die Brille bislang in keinem Laden kaufen. Sondern nur in einem solchen Automaten. Snapbot genannt. Die werden an zufälligen Stellen aufgestellt, ausschließlich in den USA. Wo, das erfährt man kurzfristig auf Twitter und Co. Und dann steht der Automat da nur für wenige Stunden.

Die Brille sorgt für jede Menge Diskussionsstoff. Tolle Sache, weil man damit verrückte Aufnahmen machen kann – oder doch eher bedenklich, weil Spionagewerkzeug und mal wieder ein neues Werkzeug, um Privatsphäre auszuhebeln? Darüber können wir gerne diskutieren. Auf Facebook, Twitter und Co.