Streik-Check für NRW

Wo drohen Arbeitskämpfe im Land?

Stand: 28.04.2015, 18:31 Uhr

Lange galt Deutschland als das Land mit den wenigsten Streiks in Europa. Doch zumindest gefühlt scheint sich das zu ändern. In diesen sechs Branchen laufen oder drohen aktuell Arbeitskämpfe.

1. Deutsche Bahn

Worum es geht: Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) verhandelt mit der Deutschen Bahn darum, dass sie auch für die Mitglieder, die keine Lokführer sind, einen eigenen Tarifvertrag abschließen kann. Zuletzt erklärte die GDL die Verhandlungen für gescheitert.

Auswirkungen: Nach dem Scheitern der Verhandlungen hat die GDL ihre Mitglieder zu einem Streik aufgerufen, der im Personenverkehr zwei Tage dauerte. Weitere Streikaktionen sind angekündigt. Auch diese würde aller Voraussicht wieder den Personenverkehr in ganz Deutschland treffen. Mit einem Notfall-Fahrplan versucht die Deutsche Bahn dann, wenigstens einen Teil der Verbindungen aufrechtzuerhalten. Auswirkungen wären sowohl im Regional- aus auch im Fernverkehr zu spüren. In der Regel kündigt die GDL ihre Streiks 24 Stunden vorher an.

2. Lufthansa

Worum es geht: Die Gewerkschaft Cockpit will eine besondere Vorruhestandsregelung für ihre Piloten erhalten wissen. Die können ihren Dienst im Cockpit schon mehrere Jahre vor dem Rentenalter verlassen. In der Übergangszeit bekommen sie ihr Gehalt aber weiter von der Fluggesellschaft bezahlt. Diese Kosten würde das Unternehmen gerne einsparen, um, so Lufthansa, gegenüber anderen Airlines wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Verhandlungen sind vorerst gescheitert. Seit dem Absturz der Germanwings-Maschine gibt es aber wohl eine Chance, die Konfliktlinien zu überwinden, weil das Unglück beide Verhandlungsseiten wieder näher zusammengebracht habe, sagen Experten.

Auswirkungen: Seit dem Scheitern der Verhandlungen vor rund einem Jahr bestreikt Cockpit immer wieder die Lufthansa. Mal sind Kurz- und Mittelstreckenflüge, dann wieder Langstreckenflüge betroffen. Den letzten Ausstand gab es im März. Nach dem Germanwings-Absturz stehen die Chancen besser, dass beide Seiten wieder miteinander verhandeln. Dann gäbe es vorerst keine neuen Streiks.

3. Städtische Kindergärten

Worum es geht: Die Gewerkschaften Verdi und GEW fordern, dass die 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsbereich nach neuen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert werden. Das entspricht einem Einkommenplus von etwa zehn Prozent. In fünf Verhandlungsrunden konnten sich beide Seiten nicht einander annähern. Die Arbeitgeber sagen, die neue Eingruppierung der Beschäftigten wäre für die Kommunen nicht finanzierbar.

Auswirkungen: Die beiden Gewerkschaften haben nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen die Urabstimmung eingeleitet. Sollten sich die Mitglieder für den Arbeitskampf aussprechen, könnten Kindergärten und Horte ab dem Ende der ersten Maiwoche geschlossen bleiben. Für Eltern bedeutet das dann, sich nach Alternativen für die Betreuung ihrer Kinder umzusehen. Verdi will die Eltern möglichst früh über den Ausstand informieren. Wie lange der dauern wird, ist nicht abzusehen.

4. Amazon

Worum es geht: Der Konflikt schwelt schon seit 2013, die Positionen sind verhärtet: Der Gewerkschaft Verdi geht es darum, die Tarifverhandlungen mit dem Versandhändler nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels führen zu können. Das lehnt Amazon ab und will die Gehälter weiterhin nach dem Tarif der Logistikbranche zahlen. Die Gehälter im Einzel- und Versandhandel sind deutlich höher.

Auswirkungen: Seit 2013 haben Kunden von Amazon immer wieder mit Verzögerungen bei der Auslieferung ihrer bestellten Waren zu rechnen. Eng wurde es dann, wenn die Streiks vor Feiertagen wie Weihnachten und Ostern gelegt wurden. Zuletzt legten die Beschäftigten der Standorte Rheinberg und Werne Ende März die Arbeit nieder. Solche Aktionen sind oft recht spontan. Da ein Ende des Konflikts nicht absehbar ist, müssen Amazon-Kunden weiter mit Streiks rechnen.

5. Deutsche Post

Worum es geht: Die Gewerkschaft Verdi möchte für die 140.000 Beschäftigten mit Tarifvertrag eine kürzere Wochenarbeitszeit durchsetzen: 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Post will neue Beschäftigte bei der Brief- und Paketzustellung für weniger Geld arbeiten lassen. Nach drei Verhandlungsrunden haben sich beide Tarifparteien am Dienstag (28.04.2015) nicht annähern können. Die Gewerkschaft kündigte bereits neue Warnstreiks im Vorfeld der neuen Verhandlungsrunde am 8. und 9. Mai an. Sollte es dort keine Einigung geben, droht Verdi einen unbefristeten Streik an.

Auswirkungen: Schon während der Verhandlungen hat Verdi seine Mitglieder zu Warnstreiks aufgerufen und Briefe und Pakete blieben liegen. Kommt es zu einem unbefristeten Streik, würden die Briefkästen länger leer bleiben. Weitere Warnstreiks sind bereits in der ersten Maiwoche möglich.

6. Karstadt

Karstadt Logo an der Zentrale der Warenhauskette

Worum es geht: Um wieder Gewinne zu erwirtschaften, soll das Unternehmen weiter umgebaut werden. Beschäftigte sollen weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommen. Außerdem sollen sie länger arbeiten. Die Gewerkschaft Verdi fürchtet, dass weitere Warenhaus-Filialen geschlossen und Arbeitsplätze gestrichen werden. Betroffen wären mehrere Tausend Beschäftigte, so die Gewerkschaft. Sie fordert eine Beschäftigungsgarantie für alle 16.000 Mitarbeiter. Zuletzt wurde am Dienstag (28.04.2015) verhandelt.

Auswirkungen: Um Druck auf die Arbeitgeber zu machen, sammelt die Gewerkschaft Unterschriften. Angekündigt sind auch verlängerte Mittagspausen. Für die Kunden hätte dies zur Folge, länger an der Kasse warten zu müssen oder schwerer einen Kaufberater zu bekommen. Einen Termin für die Aktion gibt es noch nicht.