Prozess um mangelnde Pflege

Vorwurf Vernachlässigung: Tochter wird freigesprochen

Stand: 04.03.2015, 17:55 Uhr

Das Aachener Landgericht hat am Mittwoch (04.03.2015) eine 54-Jährige freigesprochen, die ihre Mutter zu Hause gepflegt hat. Ihr wurde vorgeworfen, ihre 73-jährige Mutter massiv vernachlässigt zu haben und darum für deren Tod verantwortlich zu sein.

Bereits 2010 starb die 73-jährige Frau an einer Blutvergiftung in einem Aachener Krankenhaus. Nach Informationen von Zeugen soll die Frau zum Zeitpunkt der Einlieferung schlecht ernährt und stark verlaust gewesen sein. Außerdem soll sie bereits faulende Druckstellen am Körper gehabt haben. Die Staatsanwaltschaft hatte die heute 54 Jahre alte Tochter wegen des "Missbrauchs von Schutzbefohlenen mit Todesfolge durch Unterlassung" angeklagt. Von diesem Vorwurf sprach das Gericht die Tochter am Mittwoch (04.03.2015) frei. Die Begründung des Richters Arno Bormann: Die Tochter hätte den Tod der bei ihr lebenden Mutter verhindern können. Es gebe aber keine strafrechtliche Verantwortung der 54-Jährigen. "Wie sie persönlich damit umgeht, ist ihre Sache", ergänzte Bormann.

73-Jährige soll nicht bettlägerig gewesen sein

Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass die Mutter bettlägerig und auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen war. Dagegen hatte die Angeklagte betont, ihre Mutter habe nicht ausschließlich im Bett gelegen und am Familienleben teilgenommen. Aufgrund des medizinischen Gutachtens sei nicht ausgeschlossen, dass diese Aussagen der Tochter stimmten, sagte der Richter. Ein medizinischer Gutachter hatte festgestellt, dass bei der 73-Jährigen ein hohes Risiko für Druckgeschwüre bestanden habe und schon stundenlanges Sitzen zu Schädigungen von Haut und Geweben führen konnte. Beim Tod der Frau hätten auch noch andere Krankheiten eine Rolle gespielt.

Richter: Tod der Mutter war zu verhindern

Vor dem Prozess soll die Tochter angeben haben, dass ihre Mutter an Diabetes litt. Die Behandlung durch Ärzte habe die Seniorin jedoch verweigert, weil sie nach einer falschen Krebsbehandlung kein Vertrauen mehr in Ärzte gehabt habe. Nach Angaben ihres Anwalts war die Tochter mit der Situation hoffnungslos überfordert - auch intellektuell: "Für sie war es schwierig zu erkennen, was richtig und was falsch ist." Richter Bormann betonte hingegen, dass die Tochter den Tod der Mutter hätte verhindern können. Viele Vorwürfe in der Anklage seien widerlegt, nicht aber der Vorwurf der gefühllosen und gleichgültigen Gesinnung.