Sicherheit im Stadion

"Die Stadien in Deutschland sind sicher"

Stand: 17.11.2015, 16:30 Uhr

Das Fußball-Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande wurde abgesagt. Es erhielt nach den Anschlägen in Paris eine besondere Symbolik - auch in puncto Sicherheit. Reichen die aktuellen Standards? Müssen sie erhöht werden? Wie sieht die Zukunft aus? Ein Meinungsbild.

Als Folge der Anschläge in Paris erwartet der Essener Terror-Experte Rolf Tophoven, die Sicherheitsmaßnahmen bei Sport-Großereignissen wie der EM 2016 in Frankreich einschneidend zu verändern. Paris zeige, dass "sportliche Großveranstaltungen wegen des damit verbundenen medialen Hypes immer mehr ins Fadenkreuz islamischer Terroristen geraten", sagte Tophoven dem WDR. Dies sei eine neue, ernst zu nehmende Entwicklung. Sicherheitsexperten müssten diese neue Taktik in ihre Konzepte mit einkalkulieren. "Stadien könnten künftig zumindest bei internationalen Großereignissen durch weiträumige Absperrungen und intensive Kontrollen zu Festungen werden." Tophoven glaubt aber nicht, dass sich in deutschen Stadien viel ändern wird, wo nach wie vor das Problem der Gewalt zwischen Fangruppen vorherrschend sei.

Spahn: Terroristen nicht in die Karten spielen

"Der Terror war noch nie so nah an einem Stadion, noch nie so nah an einem Länderspiel", meint auch Sicherheitsexperte Helmut Spahn. Gleichzeitig warnte Spahn vor voreiligen Schlüssen: "Man muss jetzt ordentlich analysieren und nicht über das Ziel hinausschießen", sagte der frühere Sicherheitschef der Fußball-WM 2006 der Hessenschau. Wer nun Freiheitsrechte einschränke, bis man Sport nicht mehr genießen könne, spiele den Terroristen in die Karten. Es werde zwar immer ein Restrisiko bleiben, aber: "Die Stadien, insbesondere in Deutschland sind absolut sicher." Andere öffentliche Veranstaltungen, etwa Public Viewings, seien dagegen schwerer abzusichern. Dies müsse bei den Planungen berücksichtigen werden. Man könne darauf vertrauen, dass die deutschen Behörden und die Veranstalter alles tun, um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.

DFB-Sicherheitschef: "Die Fans können sich sicher fühlen"

Auch Henrik Große Lefert, der Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes DFB, warnt trotz verständlicher Ängste und Bedenken vor Panikmache. "Die Zuschauer können sich in den Stadien weiter sicher fühlen", sagt auch er. Ein Zeichen ist eine "deutlich verstärkte Präsenz" an Sicherheitskräften bei dem Länderspiel am Dienstagabend (17.11.2016) in Hannover. Einige Polizisten würden mit Maschinenpistolen ausgerüstet sein. Aus "taktischen Gründen" werde keine Anzahl der eingesetzten Polizisten genannt. Es würden aber deutlich mehr sein als bei normalen Bundesliga-Spielen, bei denen 200 Beamte vor Ort sind.

WDR-Experte Jöris: Kontrollen sind wesentlich!

Bundesliga-Ticket

Helfen personalisierte Eintrittskarten?

Die Sicherheitsstandards in deutschen Stadien bewertet Paul Elmar Jöris als hoch. Der Terrorismus-Experte des WDR betont aber auch: "Es ist wichtig, wer dort die Kontrollen durchführt: schlecht bezahlte Ordnungskräfte oder solche, die gut bezahlt und gut geschult sind." Auch wenn es in Stadien Videoüberwachung, Einlasskontrollen und Ordnungskräfte gibt - Jöris befürwortet, zusätzlich personalisierte Eintrittskarten einzuführen. "Das verursacht wahrscheinlich einen Riesenaufschrei bei den Fans. Aber alle, die sich mit Sicherheit beschäftigen, sagen: Dort muss man hinkommen." Wie sinnvoll diese Maßnahme sein könnte, beweist für ihn der Fall der Kofferbomber. Die Attentäter hatten in ihrer Vernehmung ausgesagt, dass sie eigentlich versucht hätten, während der WM 2006 einen Anschlag in einem Stadion zu verüben. Von diesem Plan hätten sie aber abgesehen, weil es zu schwieirg gewesen wäre, dort hineinzukommen.

Völler befürwortet personalisierte Eintrittskarten

Sportdirektor Rudi Völler von Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen hat sich nach den Terroranschlägen von Paris für höhere Sicherheitsstandards in Stadien ausgesprochen. "In Italien gibt es seit 2005 personalisierte Eintrittskarten. Und jeder hat sich am Flughafen schon mal geärgert, wenn es beim Sicherheitscheck dauert. Aber alles, was unserer Sicherheit dient, sollte uns wichtig sein", sagte Völler in einem Interview mit der "Bild".