Flucht über den Balkan

Im Zickzackkurs durch Europa

Stand: 19.09.2015, 14:50 Uhr

Sie haben Krieg überlebt, die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer. Endlich angekommen, finden sich nun Tausende Flüchtlinge in einem Europa wieder, das sie nicht will. Freiwillige Helfer versuchen, die Not zu lindern.

Der kleine kroatische Ort Tovarnik an der Grenze zu Serbien: Hier stehen die Flüchtlinge an für ein bisschen Essen oder Wasser. Dass es hier überhaupt etwas gibt, haben sie den freiwilligen Helfern zu verdanken. Sie kommen auf eigene Faust aus ganz Europa, auch aus Deutschland, sogar aus Nordrhein-Westfalen. Sie haben sich selbst ein Ticket gekauft, um hier helfen zu können. Ohne die Freiwilligen würde es den Flüchtlingen noch viel schlechter gehen. Denn Kroatien ist nicht vorbereitet auf so einen Ansturm.

Dramatische Szenen in der Nacht

Die Flüchtlinge warten auf Busse nach Slowenien. Von dort aus wollen sie weiter nach Österreich, Deutschland oder Schweden. Freitagnacht (18.09.2015) ereignen sich am Bahnhof von Tovarnik dramatische Szenen: Flüchtlinge versuchen verzweifelt, in einen Zug nach Slowenien zu gelangen, denn wer weiß schon, ob das nicht vielleicht der letzte ist.

Das Problem nur: Die slowenische Regierung will sie nicht durchlassen. Das mussten diese Flüchtlinge in der Nacht erfahren. Sie hatten es bis zum Grenzübergang Harmica geschafft. Waren voll Hoffnung, doch dann wurden sie eingekesselt von Polizisten, standen vor geschlossenen Grenzen - mitten in Europa. "Öffnen, öffnen", rufen sie in ihrer Verzweiflung. Sie haben den Krieg in Syrien überlebt, die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer. Jetzt wollen sie sich und ihre Kinder endlich in Sicherheit bringen. Als sie am späten Freitagabend (18.09.2015) versuchen, durch den Polizeigürtel zu brechen, setzen die Sicherheitskräfte Pfefferspray und Wasserwerfer ein. Mehrere Flüchtlinge werden verletzt.

Überforderung und Chaos

Der slowenische Premierminister Miro Cerar scheint überfordert: "Wenn der Druck durch die Flüchtlinge zu groß wird, kann man auch andere Optionen diskutieren, wie zum Beispiel die Einrichtung von Transitkorridoren."

Einige Flüchtlinge hat die kroatische Regierung nun mit Bussen nach Ungarn gebracht. In das Land, das keine Flüchtlinge will. In das Land, das seine Grenzen mit kilometerlangen Stacheldrahtzäunen dichtmacht. Man sei überrumpelt worden, empört sich Ungarn. Ein Zug aus Kroatien sei daraufhin gestoppt, die Begleitpolizisten entwaffnet, der Zugführer verhaftet worden. Kroatien allerdings widerspricht dieser Darstellung. Chaos pur: Flüchtlinge, die hin und hergekarrt werden in einem Europa, das sie nicht will.