Internetrecht

Pöbeln im Netz kann den Job kosten

Stand: 10.04.2015, 15:22 Uhr

Ein Mann aus Hamm, der auf Facebook seinen Arbeitgeber beschimpft hatte, ist seinen Job los. Das hat das Arbeitsgericht Lippstadt am Freitag (10.04.2015) entschieden. Kein Einzelfall, sagt der Kölner Anwalt Christian Solmecke und gibt Tipps fürs sichere Posten.

Aktuelle Stunde: Herr Solmecke, über seinen Chef hat wohl jeder schon mal gelästert. Warum ist das auf Facebook plötzlich ein Problem?

Christian Solmecke: Facebook ist kein privater Rahmen. Wer sich bei Facebook über seinen Chef auslässt, tut dies öffentlich. Hier ist der Grad der Persönlichkeitsrechtsverletzung viel höher. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Chef dies mitbekommt auch. Er kann leicht den Arbeitnehmer wegen Beleidigung oder Ähnlichem anzeigen und den nötigen Beweis liefern. Die Gefahr einer Rufschädigung ist im Netz viel höher.

Was geht und was nicht? Wo hört die Kritik auf und wo fängt die Beleidigung an? Gibt es da klare Regeln?

Solmecke: In Deutschland darf jeder frei seine Meinung äußern. Dies ist in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Allerdings hört die Meinungsfreiheit bei falschen Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik und Beleidigungen auf. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist kennzeichnend für eine rechtlich unzulässige Schmähkritik, das vordergründige Ziel, die betroffene Person verächtlich zu machen, ohne dass es dabei noch um die Sache selbst geht. Dem Äußernden muss es gerade darum gehen, den Betroffenen in seiner Person, in seiner Ehre herabzuwürdigen. Das Gleiche gilt für Beleidigungen.


Gelten für Bauarbeiter andere Regeln als für Ärzte?

Solmecke: Nein, jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich. Liegt eine Beleidigung vor, kann sowohl der Arzt, als auch der Bauarbeiter auf gleiche Weise und mit gleicher Härte dagegen vorgehen. Allerdings könnte es sein, dass die Schwelle zur Beleidigung bei bestimmten Berufsgruppen erst später überschritten wird. Geht man davon aus, dass unter Bauarbeitern ein härterer Umgangston als unter Ärzten herrscht, so könnten manche Aussagen dann tatsächlich unterschiedlich bewertet werden. Hier kommt es immer auf die konkrete Aussage an.

Kann ein Eintrag auf Facebook nicht auch eine vertrauliche Meinungsäußerung sein?

Solmecke: Nein, bei der Vielzahl von Freunden, die Nutzer bei Facebook haben, kann nicht mehr von einem privaten Rahmen gesprochen werden. Dies gilt unabhängig davon, wie die Privatsphäre-Einstellungen für das Posting sind. Bei Facebook können nämlich bereits Freunde von Freunden sehen was diese geliked haben.

Wie stelle ich im Netz dann überhaupt eine vertrauliche Situation her?

Solmecke: Das Netz ist weder anonym, noch vertraulich. Jeder Nutzer sollte wissen, dass alles was er ins Netz stellt eine große Reichweite hat, die - sind die Inhalte rechtswidrig - auch rechtliche Konsequenzen haben kann.

Wie ist denn die bisherige Rechtsprechung? Neigen Richter in solchen Fällen zur Strenge?

Solmecke: Es handelt sich bei Kündigungen immer um Einzelfälle, bei denen zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen. Ist der Mitarbeiter zuvor bereits ähnlich negativ aufgefallen? Gab es bereits Abmahnungen? Zum Teil ist auch eine fristlose Kündigung nach einem Facebook Post denkbar. Zum Beispiel hat das Landesarbeitsgericht Hessen (Az. 21 Sa 715/12) entschieden, dass die Bezeichnung der Gesellschafter als asozial als grobe Beleidigung des Arbeitgebers zu werten ist, die normalerweise zur fristlosen Kündigung berechtigt. Das Gericht kam dann aber zu dem Schluss, dass hier aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitnehmer 28 Jahre tadellos für das Unternehmen tätig war, eine solche fristlose Kündigung hier im konkreten Einzelfall nicht rechtmäßig war.

Mal angenommen, ich lese so einen Kommentar eines Kollegen und klicke auf "Gefällt mir". Kann ich auch Probleme bekommen?

Solmecke: Die Rechtsprechung ist hier zweigeteilt. Manche Gerichte haben in der Vergangenheit tatsächlich bereits das bloße Liken eines Posts als eigene Äußerung des Betroffenen gewertet. Nutzer sollten grundsätzlich vorsichtig sein, bevor sie beleidigende Äußerungen eines Kollegen liken.

Die Fragen stellte Andreas Poulakos