Die Akte Fifa

Eine Bande korrupter Strippenzieher?

Stand: 27.05.2015, 13:32 Uhr

Kurz vor dem FIFA-Kongress in Zürich hat die Schweizer Polizei sieben Fußball-Funktionäre festgenommen. Der Vorwurf: Schmiergeldzahlungen und Geldwäsche im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und 2022 (Katar). Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist in der Schweiz los?

In Zürich sind sieben hochrangige Funktionäre von der Kantonspolizei Zürich festgenommen und abgeführt worden. Außerdem wurden Daten gesichert und mehrere Konten gesperrt.

Was wird den Festgenommenen vorgeworfen?

Unter anderem Geldwäsche, die Annahme von Bestechungsgeldern sowie Korruption bei WM-Vergaben und TV-Rechten.

Wer wurde festgenommen?

Laut "New York Times" soll FIFA-Boss Joseph S. Blatter (79) nicht zu den Beschuldigten gehören. Unter den Festgenommenen sind nach US-Angaben aber zwei derzeitige FIFA-Vizepräsidenten: Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo. Bei den anderen handele es sich um Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas, Rafael Esquivel und Jose Maria Marin. Laut des WDR FIFA-Experten Florian Bauer sollen vier Festgenommene bereits gesagt haben: "Ja, wir sind schuldig."

Warum heute?

Am Donnerstag und Freitag (28. und 29.05.2015) trifft sich die FIFA zum Kongress des Fußball-Weltverbands. Deshalb waren viele Funktionäre an einem Ort. Das machte viele Festnahmen und viele Befragungen möglich, sagt der WDR FIFA-Experte Florian Bauer. Er vermutet außerdem: Beim Zeitpunkt vor dem Kongress ging es auch um Öffentlichkeit. Am Zugriff beteiligt ist auch das FBI. "Die hauen gerne auf den Pott."

Wie lief die Festnahme?

Die FIFA-Funktionäre wurden aus dem Fünf-Sterne-Hotel "Baur au Lac" abgeführt. Der Korrespondent der New York Times und ein Schweizer Journalist twitterten ein Video von den Festnahmen. Die zivil gekleideten Beamten waren unangemeldet in der Luxusherberge erschienen und ließen sich an der Hotel-Rezeption die Schlüssel für die Zimmer der betroffenen Personen aushändigen.

Wie groß ist der Skandal?

Die WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 ist wohl einer der größten Skandale des Weltsports. Bei der Vergabe stimmte der Vorstand der FIFA ab: 22 Männer, einige waren wohl käuflich. Sie seien hofiert worden von der Wirtschaft und von Staatsgrößen, sagt ein ehemaliger FIFA-Direktor.

Was ist in Katar los?

Dort gibt es große Probleme mit den Arbeitsbedigungen. In dem arabischen Land sind schon hunderte Arbeiter umgekommen. Einige davon haben auch für deutsche Firmen gearbeitet. Bis zur Eröffnung der WM rechnen Menschenrechtler mit bis zu 4000 Toten auf Katars Baustellen. "Die FIFA hat ultimative Macht", sagt Sharan Burrow vom Internationalen Gewerkschaftsbund. Die FIFA können Vorgaben machen für menschenwürdigeres Arbeiten. Das ist aber bisher nicht passiert.

Aufklärung – ein leeres Versprechen?

Vergangenen November hatte die Ethikkommission der FIFA Russland und Katar vom Vorwurf der Korruption bei der WM-Vergabe freigesprochen und sich damit umgehend Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. FIFA-Anwalt Michael Garcia, der rund zwei Jahre lang Korruptionsvorwürfe untersucht hatte, trat im Dezember 2014 zurück.

Reformen – ein leeres Versprechen?

Eine der bekanntesten Anti-Korruptionsexpertinnen der Welt sollte an der Reform der FIFA mitarbeiten: Alexandra Wrage, Präsidentin der NGO-Trace International. Sie sagt, es sei der FIFA nie um Transparenz gegangen, sondern nur um Reputationsgewinn. Wragi trat zurück. Blatter rühmt sich, die FIFA reformiert zu haben. Wragi sagt: tiefgreifende Reformationsschritte seien ausgeblieben und die FIFA sei nicht zu retten, so lange Sepp Blatter der Präsident ist.

Wer ist Sepp Blatter?

Sepp Blatter, die umstrittenste Person des Fußballs, seit 17 Jahren Präsident der FIFA. Er stellt sich am 29. Mai zum fünften Mal zur Wahl - trotz seines hohen Alters und der zunehmenden Kritik an seiner Amtsführung. Seine FIFA ist ein Milliardenschwerer Verein, der gerne unter sich bleibt. Mit dem WDR Team wollte er monatelang nicht reden. Kritischen Fragen entzieht er sich lieber. Vor vier Jahren hatte er versprochen, nicht noch einmal zu kandidieren. Das ist längst vergessen.

Wird Blatter trotz der Festnahmen zu Wahl antreten?

"Er wird nicht verdächtigt", sagte FIFA-Mediendirektor Walter De Gregorio und betonte, dass die Wahl zum FIFA-Präsidenten am Freitag wie geplant stattfinden soll. WDR FIFA-Experte Florian Bauer dagegen sagt: Die FIFA sei mit den Festnahmen überrumpelt worden. "Der Druck, der noch aufkommt, den habe man nicht erwartet." Daher bleibe es abzuwarten, ob und wie die Wahl tatsächlich stattfindet. Gegen Blatter kandidiert der jordanische Prinz Ali Bin Al Hussein. Blatters Wiederwahl galt im Vorfeld als gewiss. Für die Präsidentschaftswahl sollen ihm nach WDR Recherchen im Vorfeld 54 Stimmen zugesagt worden sein - alle aus Afrika und mehr als die Hälfte, die er braucht.

Wie geht es jetzt wohl mit der FIFA weiter?

Die grundsätzliche Frage ist, ob der FIFA-Kongress und eine Präsidentschaftswahl unter diesen Voraussetzungen überhaupt stattfinden kann. FIFA-Experte Florian Bauer glaubt, dass Blatter vermutlich alles daran setzen wird, die Wahl schnell durchzuführen, um für sich Sicherheit zu haben. "Würde er sie verschieben, könnte es am Ende zu einer Dauerdiskussion kommen. Dann dann würde der Druck zurückzutreten sicherlich noch größer werden."

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auch bei vorherigen Weltmeisterschaften Korruption bei der Vergabe gab?

"Extrem hoch", sagt Florian Bauer. Man müsse eindeutig davon ausgehen, dass auch vorher schon Korruption und Bestechung im Spiel gewesen seien. Auch das Manager Magazin hatte darüber berichtet, wie bei der WM 2006 in Deutschland teilweise "Lobbying" betrieben wurde - und wahrscheinlich sei auch damals Geld geflossen, vermutet Bauer.

Wie kann die FIFA wieder glaubwürdig werden?

"Ich glaube, es geht am Ende nur ohne Sepp Blatter", sagt Bauer. "Er hält bei der FIFA seit 40 Jahren die Zügel in der Hand. So intelligent, wie er ist, muss er von all den Machenschaften gewusst haben. Insofern muss er sicherlich zurücktreten." Zudem müsse die FIFA sich insgesamt reformieren.