Das alte Drachenfelsrestaurant

Neugestaltung des Drachenfels-Plateaus

Abrissbirne für das Kännchen Kaffee

Stand: 30.10.2010, 00:00 Uhr

Das Drachenfels-Restaurant ist in Beton gegossener Zeitgeist der 1970er Jahre. Wer noch einmal seinen Charme genießen will, muss sich beeilen, denn bald wird es abgerissen. An seiner Stelle soll ein Glaskubus gebaut werden. 

Von Sabine Tenta

Der Drachenfels ist einer der beliebtesten Aussichtspunkte im Siebengebirge. Am bequemsten ist es, den steilen Aufstieg der Zahnradbahn zu überlassen. Ihre Endstation ist auf dem Plateau unterhalb der Burgruine. Überwältigend ist der grandiose Weitblick ins Rheintal, der jäh ausgebremst wird von einer wuchtigen Betontrutzburg aus dem Jahr 1976: dem Drachenfels-Restaurant mit Terrassen und Aussichtsplattformen.

Schnell, bevor es weg ist

Drachenfels-Restaurant

Herber Charme der 1970er

Ein rüstiger Rentner in schwarzer Polyestersteghose lehnt sein Fahrrad gegen eine der Betonbrüstungen. Mit einer analogen Spiegelreflexkamera nimmt er dann den Klotz ins Visier und sagt: "Ich will schnell noch ein paar Fotos machen, solange das Restaurant noch steht." Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn ab Mitte November wird es abgerissen. Es macht einem deutlich kleineren Neubau Platz, der dann statt für 400 nur noch für maximal 150 Gäste ausgelegt sein wird. Die Umgestaltung des Drachenfels-Plateaus läuft im Rahmen der "Regionale 2010" und kostet 8,2 Millionen Euro, fünf Millionen davon trägt das Land NRW.

Herausforderung Heizen

Drachenfels-Restaurant

Viel Platz für wenige Besucher

Eine Frau und ein Mann mittleren Alters flüchten vor dem bissigen Herbstwind, der um den Drachenfels pfeift, ins Restaurant. Sie sind Freitagvormittag (29.10.2010) die einzigen Gäste, können in dem großen Raum ihren Platz frei wählen. Zielstrebig gehen sie zum Fenster, denn wegen der Fernsicht kommen die meisten hierher. Kurze Zeit später klagt die Frau: "Huh, ist das kalt hier." Nicht nur ästhetisch, sondern auch energetisch ist der Bau eine Katastrophe: "Ich verbrauche hier im Jahr 70.000 Liter Heizöl und schaffe doch nur 16 Grad", klagt der Pächter Hermann Nolden. Mit dem neuen Gebäude könne er 70 Prozent seiner Energiekosten einsparen.

Latte statt Filterkaffee

Stocknagel mit Drachenfels

Drachenfels-Restaurant

Eigentümerin des Betonklotzes ist die Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG) der Stadt Königswinter. Sie hat es 2007 vom Land NRW gekauft und an Hermann Nolden verpachtet. Er hat Teile der Inneneinrichtung modernisiert und vor allen Dingen die Karte entstaubt: "'Draußen gibt's nur Kännchen' gehört endlich der Vergangenheit an", heißt es auf der Website des Restaurants. Aber auch wenn nun Latte Macchiato serviert wird, den Charme des Kännchen Kaffees hat sich die Gastronomie dort oben erhalten. Dazu gehört auch das Sortiment der Souvenir-Bude. Neben Eis und Postkarten gibt es auch kleine Weingläser mit aufgedruckter Burgruine nebst Beton-Restaurant. "Königswinter/Rh.-Drachenfels" steht in Fraktur drunter. Selbst Stocknägel sind hier noch zu finden. So heißen die Blechplaketten, die früher wie Mobilitäts-Trophäen auf Spazierstöcken gesammelt wurden.

Auf dem Weg zur "Chill-out-Geschichte"

Drachenfels-Restaurant mit Rhein

Zubetonierter Rheinblick

Stocknägel und Souvenirs in Fraktur charakterisieren auch die Zeit, in der ein Besuch des Drachenfels noch zur Ausflugs-Grundausstattung des Rheinländers gehörte. Und er war natürlich eine Attraktion für ausländische Touristen auf der Suche nach der deutschen Rheinromantik. Hermann Nolden schätzt die Zahl der jährlichen Besucher in den 1960er Jahren auf eine knappe Million. Doch 2010 seien bislang gerade mal 380.000 Menschen auf den Drachenfels gekommen. Nolden freut sich auf den Abriss, "denn dieser hässliche Betonklotz ist ziemlich vermodert." Er will stattdessen "eine Chill-out-Geschichte" mit "Event-Gastronomie", die zum Beispiel Hochzeitsfeiern in den Abendstunden anbietet. "Das wird eine der coolsten Eventlocations in NRW werden."

Klotz als Knusperhäuschen

Entwurf für neues Restaurant

Der Entwurf für den Glaskubus

Die politischen Entscheidungsträger haben nach Angaben der Stadt Königswinter nie eine Alternative zur Abrissbirne diskutiert. Wobei "Abrissbirne" nur symbolisch zu verstehen ist. Denn an der exponierten Stelle, an der sich das Restaurant befindet, muss behutsam vorgegangen werden. Die Fassadenelemente werden abgebaut, und den Rest wird ein Bagger mit einer kleinen Zange Stück für Stück abbrechen, so als wäre der Betonriese ein Knusperhäuschen. "Das machen wir, damit möglichst wenig Staub und Splitter entstehen, das schulden wir dem Naturschutz", erläutert Andreas Pätz, Leiter der WWG, die Bauherrin des Projektes ist.

Der Naturschutz begrenzt auch das Zeitfenster für den Abriss von Anfang November bis Ende Februar. Noch oben auf dem Drachenfels werde man dann das Meiste des alten Gebäudes zerkleinern und für das neue Fundament nutzen. Auf dem soll dann bereits Ende 2011 der neue Glaskubus stehen. Die Eröffnung ist für Frühjahr 2012 angepeilt. Aber bevor die Bagger kommen, wird es am 13.11.10 noch die offizielle Abrissparty der Stadt Königswinter im Beton-Restaurant geben.