Drei Gotteslob-Ausgaben

Neues Gesangbuch für Katholiken

Dreitausend Lieder, ein "Gotteslob"

Stand: 19.01.2014, 06:30 Uhr

Brausende Orgeln, kraftvolle Choräle: Ohne Musik wäre der Gottesdienst keine richtige Feier. Aber viele Gläubige bleiben lieber stumm, weil die Lieder mit ihrem Leben nichts zu tun haben. Ein neues Gesangbuch mit dem alten Titel "Gotteslob", das ab Montag (20.01.2014) im Erzbistum Köln ausgeliefert wird, soll das jetzt ändern.

Von Marion Kretz-Mangold

Das "Gotteslob" ist nicht einfach irgendein Buch. Es gehört zum Leben der Katholiken wie das Amen in der Kirche: Zur Taufe wird daraus gebetet, zur Kommunion liegt es auf dem Geschenketisch, und von da an begleitet es viele Gläubige durch die Jahre und in jeden Gottesdienst. Aber der Inhalt - vor allem die Lieder, Psalmen und Litaneien - ist fast vier Jahrzehnte alt. Seitdem hat sich in der Gesellschaft und in der Musik viel getan. "Das Gotteslob war schon ziemlich angestaubt", sagt Bernhard Blitsch, Regionalkantor im Rhein-Sieg-Kreis. "Wir brauchten neue Impulse."

Vielstimmiger Gesang

Bischöfe beim Gesang

Ein Buch für Bischöfe und Kirchenvolk

Das rief zu Beginn des neuen Jahrtausends die Bischofskonferenz auf den Plan: Ein neues Gebet- und Gesangsbuch für alle Katholiken in Österreich, Deutschland und Südtirol sollte erarbeitet werden, mit lebensnahen Texten, modernen Melodien und unkomplizierten Rhythmen. Eine Mammutaufgabe, wie sich herausstellte. Denn unter dem Dach der einen Kirche gibt es viele Strömungen, stoßen Traditionalisten auf "Kirche von unten"-Anhänger und Mariengläubige auf Liberale. Da wird der Glaube ganz verschieden gelebt - und besungen.

Elf Jahre für ein Buch

Welche Lieder müssen also drin bleiben, welche können gestrichen werden? Was findet Platz im Stammteil, der sich in allen Exemplaren der Vier-Millionen-Auflage findet, was sollte im regionalen Eigenteil untergebracht werden? Es brauchte elf Jahre, viele Umfragen und Test-Singen in ausgewählten Gemeinden, bis die Theologen und Kirchenmusiker in der "Arbeitsgruppe Lied" ihr Repertoire zusammengestellt hatte. "Wir haben mit fast 3.000 Liedern angefangen", erklärt Richard Mailänder, Kölner Erzdiözesanmusikdirektor und Leiter der Gruppe. "Übriggeblieben sind knapp 300."

Klassiker und Sacro-Schlager

Gläubige in der Kirchenbank

Was kommt wirklich an?

Englische Hymnen, französische Choräle, Marien- und Taizé-Lieder, alte Gesänge des romantischen 19. Jahrhunderts und frisch komponierte Kehrverse: Die Experten von der "Arbeitsgruppe Lied" haben sich quer durch die Musikgeschichte gesungen, um das neue Repertoire zusammenzustellen. Das wurde radikal entrümpelt: Was nicht ankam, kam auch nicht mehr ins "Gotteslob". Und umgekehrt wurde alles aufgenommen, was bei den Gläubigen Anklang gefunden hatte. "Großer Gott, wir loben Dich" zum Beispiel war ein Muss, genau wie die Weihnachtsklassiker "Adeste fideles" oder "O du fröhliche". Die kennen zwar selbst Nicht-Kirchgänger, waren aber seltsamerweise bisher nicht im Gesangbuch zu finden. Auffallend viele Gesänge sind mit einem "Ö" markiert: Ökumenische Lieder, wie sie auch von Protestanten gesungen werden. Die machen immerhin die Hälfte des Repertoires aus: "Da fragen die Leute in den Gemeinden selbst nach, das brennt ihnen auf den Nägeln", sagt Blitsch. "Und da können sie die Ökumene leben, ohne dass sie theologische Bauchschmerzen bekommen."

Große Gefühle

Es kommt auf die Gefühle an, das war der Arbeitsgruppe klar. Deswegen ist auch der "Irische Segen" im Buch: "Er gibt den Menschen Zuversicht, also haben wir ihn ausgewählt", sagt Mailänder. Auch die lokalen Eigenheiten dürfen ausgelebt werden. Deswegen wird in süddeutschen Kirchen "Gott mit Dir, du Land der Bayern" angestimmt - und am Rhein die Heiligen Drei Könige, Maria und der Kölner Dom besungen. Alles in allem, so Mailänder, ist das Buch viel emotionaler als die Ausgabe von 1975. "Damals war man nüchterner."

Neue Klassiker: Lieder aus Taizé

Singend aus der Kirche

Chorsängerinnen

Großer Gesang, große Gefühle

Wie die Normalsänger mit dem neuen Buch klar kommen, wird sich am 23. Februar zeigen, dem offiziellen Einführungssonntag im Erzbistum Köln. In anderen Bistümern wurde das Buch schon zum Advent ausgeliefert, die Kölner müssen bis Montag (20.01.2014) warten, weil es Probleme mit dem Druck gab. Caroline Roth ist jetzt schon sicher, dass das "keine Eintagsblüte" wird. Die Bonner Kantorin hat beim Testsingen mitgemacht und übt wie Blitsch schon seit einigen Monaten mit den Chören: "Es ist einfach toll, wenn die Leute singend aus der Kirche kommen." Hat sie einen Favoriten? "Nein, ich freue mich über die Buntheit und die Vielfalt. Und ich freue mich sehr auf das Buch."