MONITOR vom 12.10.2017

Waffen bauen, Einfluss nehmen: deutsche Waffenfabrikanten in den USA

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Bericht: Stephan Stuchlik, Lutz Polanz, Shafagh Laghai, Otfried Nassauer

Waffen bauen, Einfluss nehmen: deutsche Waffenfabrikanten in den USA

Monitor 12.10.2017 06:25 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

Georg Restle: „Bilder von fröhlichen Menschen. Menschen, die vor elf Tagen in Las Vegas heimtückisch ermordet wurden. Massakriert von einem Todesschützen, in dessen Waffenarsenal sich offenbar auch Waffen deutscher Hersteller befanden. Guten Abend und willkommen bei Monitor. Es waren Menschen die aus dem ganzen Land angereist waren. Die eigentlich nur feiern wollten, mit Geschwistern, Kollegen, Freunden. Und die durch den Wahnsinn eines Waffenfetischisten mitten aus dem Leben gerissen wurden. Ein Wahnsinn, dem auch ein ganz nüchternes Geschäftsmodell zugrunde liegt, an dem deutsche Waffenhersteller immer besser mitverdienen. Stephan Stuchlik, Shafagh Laghai und Lutz Polanz.“

Der Valley Gun Shop in Inwood, West Virginia. Das Geschäft läuft gut, besonders geschätzt hier: Deutsche Waffen. Die werden immer stärker nachgefragt.

Tom Millay, Valley Gun Shop (Übersetzung Monitor): “Wir verkaufen im Laden wirklich viele deutsche Produkte, ungefähr im Wert von einer Viertelmillion Dollar. Die musst du einfach auf Lager haben.“

Im Valley Gun Shop kann man selbstverständlich die Waffen vor Ort ausprobieren. Und unten im Schießkeller ist die Begeisterung für deutsche Waffen riesig.

Kunde (Übersetzung Monitor): „Ich liebe deutsche Waffen, ich habe eine Heckler und Koch und eine Walther. Und die sind beide sehr gut gearbeitet, der Abzug ist schön, die lösen gut aus, die Mechanik super, das sind meine absoluten Lieblingswaffen.“

Deutsche Waffen gehören zu den USA. Und immer wieder werden sie auch von Amokläufern benutzt.

Las Vegas 1. Oktober 2017, Massenmord auf einem Country-Konzert, 58 Tote, rund 500 Verletzte. 23 Waffen hatte der Attentäter in seinem Hotelzimmer, laut Presseberichten sollen sich darunter auch Gewehre von Sig Sauer befunden haben, einer Firma in deutscher Hand.

Orlando, 12. Juni 2016, 49 Menschen sterben durch einen Amokschützen in einem Nachtclub, der Täter benutzte solch ein Sig Sauer-Gewehr. Auch bei dem Täter, der am 14. Dezember 2012 an der Sandy-Hook-Grundschule 20 Kinder und acht Erwachsene tötete, wurde eine Waffe von Sig Sauer gefunden.

Die deutschen Waffenbauer werden immer größer in den USA, vorn mit dabei: Heckler und Koch - und Sig Sauer. Heckler und Koch aus dem schwäbischen Oberndorf macht bereits 40 Prozent seines Gesamtumsatzes mit dem Waffengeschäft in den USA, und will mit einer eigenen Produktion in Georgia weiter expandieren. Heckler und Koch hat versprochen, man wolle nur ethisch saubere Länder, sogenannte „grüne Länder“ beliefern. Die USA zählen dazu. Kritiker finden das scheinheilig.

Jürgen Grässlin, Deutsche Friedensgesellschaft: „Wir haben Amokläufe, wir haben Terroranschläge, wir haben Schulmassaker und jetzt zu sagen, die USA ist ein „grünes Land“, weil die Menschenrechtslage einwandfrei sei oder der Korruptionsindex gering sei oder es würde kein Bürgerkrieg herrschen, ist sowas von weltfremd.“

Sig Sauer mit Eigentümern im Münsterland produziert schon seit Jahren in New Hampshire, die Firma hat mehr als 1.000 Mitarbeiter in den USA, mittlerweile ist sie zu einem der fünf größten Produzenten in den Staaten aufgestiegen. Und bekam jetzt sogar den Auftrag, die Standardpistole der US-Army herzustellen. Kaum denkbar ohne Produktionsstätte in den USA.

Prof. Michael Brzoska, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Uni Hamburg: „Ein Vorteil ist sicherlich, dass man in den USA selbst, in der Werbung als US-amerikanischer Produzent auftreten kann und in Zeiten Donald Trump ist das natürlich ein wichtiges Argument, grade bei den Käufern von Waffen, die vielleicht selber auch wie Donald Trump sehr „america first“ herausstellen wollen.“

Wer auf dem US-Markt Erfolg haben will, muss Teil des Systems sein. So sind die meisten deutschen Waffenproduzenten Mitglieder der NRA, der größten Waffenlobby der Welt. Gastredner auf der NRA-Versammlung Anfang 2017: der frisch gewählte Präsident Donald Trump.

Donald Trump, Präsident USA (Übersetzung Monitor): „Wir garantieren das heilige Recht auf Selbstverteidigung, wir garantieren es allen unseren Staatsbürgern.“

Wenige Meter vom Rednerpult, die Messestände der Waffenhersteller, vorne mit dabei: die deutschen Produzenten wie Sig Sauer. Firmen der Sig Sauer-Gruppe spendeten laut einer Studie von 2013 zwischen 25.000,- und ca. 50.000,- Dollar an die NRA über die Firma Sigarms,  dazu kam eine Großspende zwischen 250.000,- und 500.000,- Dollar über die Schwesterfirma Blaser.

Jan van Aken, Die Linke: „Jede deutsche Waffenfirma, die die NRA, die die Waffenlobby in den USA unterstützt, ob finanziell oder anders, die macht sich mitschuldig, denn sie trägt dazu bei, dass es so schwer wird, die Waffengesetze in den USA zu verschärfen. Sie halten das System am Laufen.“

Die Lobbyausgaben von Heckler und Koch in den USA belaufen sich von 2003 bis 2011 auf insgesamt 870.000,- Dollar. Dies seien allerdings keine Spenden an die NRA, teilt Heckler und Koch auf MONITOR-Anfrage mit, man sei Mitglied und unterstütze etwa durch Marketing-Aktivitäten. Die Waffenlobby NRA und die zweite große Vereinigung NSSF seien in den USA

Zitat: „wichtige Kompetenzträger“.

Lobbyzahlungen auf diesem Gebiet sind in den USA schwer nachzuweisen. Ein Beweis dafür, dass Sig Sauer den Hebel auch direkt bei der Politik ansetzt, ist eine Großspende im letzten US-Wahlkampf: 100.000,- Dollar für die Vereinigung gunvote, die sich gegen eine Verschärfung der Waffengesetze einsetzte. Wahlempfehlung der Vereinigung: Donald Trump.

Prof. Aaron Karp, Universität Norfolk („Small Arms Survey“) (Übersetzung Monitor): „Hier kann man die Strategie der Firma sehr gut sehen. Ich denke, dass sie sich damit zu einem Teil auch schützen wollen gegen schärfere Waffengesetze und die Leute, die eine Verschärfung haben wollen. Die Firma ist ganz klar Teil des Teams, daran gibt es keinen Zweifel.“

Teil des Teams: Donald Trump junior machte mit seinem Bruder Eric im Wahlkampf Station in der Sig Sauer-Fabrik. Gute Drähte in die Politik mit einem Ziel: Keine Änderung der US-Waffengesetze.

Las Vegas nach dem Attentat: Die Waffenlobby hat mittlerweile die Meinungshoheit in den Staaten. Noch im letzten Jahr forderte der damalige Präsident Obama eine Verschärfung des Waffenrechts. Davon ist heute kaum noch die Rede.

Stand: 10.10.2017, 14:54 Uhr

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12 Kommentare

  • 12 Miriam S 18.10.2017, 12:58 Uhr

    ein Zusatz: zum "kleinen Unterschied" : eine Waffe wird hergestellt zum TÖTEN, die Vespa aber um sich fort zu bewegen...der Unfall ist Fatum...und sicher keine Absicht.

  • 11 Miriam S 16.10.2017, 16:31 Uhr

    na ja, dann lassen wir auch weiter zu, dass in allen Ländern der Erde Atomwaffen hergestellt werden: das bringt mächtig Moos und die Fabrikanten können nix für die Tausende von Toten...damit aber sind wir nicht "schwachsinnig ", wenn sie benutzt wird , sondern eher doch wohl verbrecherisch, wenn auch nur als Hersteller... die Atombombe wurde in los alamos das erste mal getestet, das zweite mal als Test abgeworfen über Hiroshima und Nagasaki und kurz darauf haben alle die an der Entwicklung gearbeitet haben einen Aufruf verfasst mit einer Warnung dieses Höllenwerk zu benutzen, sie hätten nicht gewusst, was sie damals taten...soweit meine Erinnerung... da übernahmen Menschen die Verantwortung für das, was sie in die Welt setzten...und das verlangt nicht Schwachsinn, sondern MUT und Verantwortung.

  • 10 Deutsche Waffen in den USA 14.10.2017, 13:54 Uhr

    WAS FÜR EIN SCHWACHSINN . Wenn deutsche Waffenhersteller dafür schuldig gesprochen werden, dann darf Vespa keine Moped oder Kleinkraftraeder fuer Grosstaedte mehr verkaufen , denn damit begünstigen sie den Diebstahl von Handtaschen oder die Morde bei Banden-Kriegen. Mercedes BMW oder andere Autos duerfen nicht mehr verkauft werden , denn damit werden Ladendiebstaehle begangen (der Fahrer steht mit laufendem Motor vor der Türe). Wenn die Irren in den USA Waffen kaufen wollen , dann kaufen sie die "Besten" nicht die die um die Ecke schiessen.

  • 9 Eike 14.10.2017, 13:28 Uhr

    Typische Stimmungsmache der "Qualitätsmedien", habt ihr keine journalistischen Ansprüche?

  • 8 Miriam S 14.10.2017, 09:43 Uhr

    Geschäfte, Geschäfte...fragt eigentlich nur einer noch welche ungeheuerlichen Gewaltideen dahinter stecken? in der gesamten Wirtschaft läuft es so ab...selbst da, wo es um die Ernährung einer Bevölkerung geht, ist der einzelne nur die statische zahl, das Rädchen im Getriebe, das geschmiert werden muss. und wenn es dann nicht funktioniert ists doch nur ein winziger Geräteschaden, der Ersatz findet... wo gibt es noch in der Sicht der "Elite" Menschen, außerhalb ihrer Inseln der Seligen? außerhalb existiert nur eine riesige Deponie...

  • 7 Martin 14.10.2017, 00:20 Uhr

    Wann werden BMW & Audi verklagt weil Fahranfänger an viel zu starke Boliden kommen? Wie viele Verkehrstote fallen pro Jahr in Europa auf diese beiden Automarken? Ist daran auch der Hersteller schuld, nur weil einige sich und ihr Vehikel nicht unter Kontrolle haben? Im Vergleich sehen da die Zahlen der US-Amoktoten übrigens mickrig aus. Andererseits: Haben die USA wirklich Bedarf am erhobenen Moralfinger europäischer (selbsternannter) "Experten" und deren Ferndiagnosen? Am deutschen Wesen soll die Welt genesen? Nein danke. Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass in 8000 km Entfernung es jemanden juckt was deutsche Medien für geistige Diarrhö verbreiten? Im Moment der kollektiven gekünstelten Empörung und Hyperventilation scheint das aber keiner verstehen zu wollen, geschweige denn sich mit den US-Statistiken genau auseinandersetzen zu wollen.

  • 6 Rafael 13.10.2017, 12:17 Uhr

    Was für ein populistischer Schwachsinn. Sind ARD Redakteure mitschuldig an Menschenrechtsverstößen in China? Schließlich hat ein jeder der Herren chinesische Erzeugnisse zu Hause ... .

  • 5 Münchner1977 12.10.2017, 22:40 Uhr

    Deutsche Firmen haben seit Jahrzehnten Tochterunternehmen in den USA. Und erst die letzten Dauerbesuche deutscher Staatsanwaltschaften, haben Sig und H&K noch mehr dazu veranlasst, nurnoch in USA zu fertigen. Die Pistolenfertigung bei Sig Sauer in Eckernförde wird auf lange Sicht sterben. Momentan beliefert man eh nurnoch den Zivilmarkt. Die neue US-Dienstpistole für die Army wird eine SigSauer. Natürlich Made in USA. Wir sprechen hier von einem Milliardendeal. Da können deutsche Politiker schon Einspruch einlegen. Hier brechen die Firmen einfach die Zelte ab. Zum US Waffengesetz. Wir Europäer sind naiv. Wenn es um Verschärfungen geht, dann nur um kleine Schritte. Keiner glaubt an Registrierungen oder gar Verbote. Wer soll das auch umsetzen. Keiner weiß wer was wo hat. 300 Mio. Legale Waffen sind bekannt. Da gibt es sicher ne Dunkelziffer. Freiwillig gibt da keiner was ab. Ist ja nicht wie bei uns, wo die Besitzer der 5,4 Mio. Registrierten Waffen bekannt sind.

  • 4 Mafu 12.10.2017, 22:15 Uhr

    Unsäglicher "Qualitätsjournalismus". Eine bodenlose Frechheit was dem Gebührenzahler hier zugemutet wird.

  • 3 Heinz D. Kappei 12.10.2017, 22:01 Uhr

    Der Beitrag hat es gut herausgearbeitet, wie skrupellos deutsche Waffenfirmen ihre Geschaefte in den USA machen. Gefehlt hat mir aber, warum die bundesdeutsche Politik mit keiner einzigen Restriktion dagegen haelt. So macht sich meines Erachtens auch eine deutsche Bundesregierung mitschuldig- wenn sie Heckler&Koch und Sig Sauer einfach so gewaehren laesst. Ein restriktives Kleinwaffen-ExportGesetz ist auf der Tagesordnung! www.aufschrei-waffenhandel.de

  • 2 Thomas 12.10.2017, 21:57 Uhr

    Schwachsinniger Beitrag.