Pressemeldung vom 25.04.2017

SPD-Haushälter: „Autobahnprivatisierung vom Tisch“. Nach MONITOR-Informationen droht Regierungskompromiss zu scheitern.

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Die SPD lässt die am 14. Dezember 2016 im Kabinett getroffene Vereinbarung zur Autobahnprivatisierung offenbar platzen. „Der Kabinettsbeschluss vom Dezember, der eine mögliche versteckte Privatisierung der Autobahn-Gesellschaft durch die Hintertür in sich trägt, der ist vom Tisch“, sagte die SPD-Berichterstatterin im Haushaltausschuss, Bettina Hagedorn, dem ARD-Magazin MONITOR. Vorausgegangen war gestern Nachmittag eine Beratung der SPD-Haushälter, an der auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann teilgenommen hatte.

Ein Autobahnschild vor einer belebten Autobahnstrecke

Autobahnprivatisierung: Nach MONITOR-Informationen droht Regierungskompromiss zu scheitern.

Anders als im Kabinett beschlossen, bestehe die SPD jetzt auf einer Klarstellung im Grundgesetz, die eine „mittelbare und unmittelbare Privatisierung“ ausschließt, so Hagedorn. Eine Regelung in einem einfachen Gesetz, wie vorgesehen, reiche demgegenüber nicht aus.  Thomas Oppermann erklärte gegenüber MONITOR: „Wir wollen weder die Autobahnen noch die Infrastrukturgesellschaft in irgendeiner Weise privat gestalten und das wollen wir auch ausschließen.“ Wie das im Einzelnen geregelt werden müsse, kläre „man jetzt in der Beratung“.

Der Bundestag will Mitte Mai in einem Gesetzespaket über die Überführung der Autobahnen in eine so genannte „Infrastrukturgesellschaft“, die als GmbH organisiert sein soll, entscheiden. Dazu müsste das Grundgesetz mit Zweidrittelmehrheit geändert werden.

Die ursprünglichen Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sahen vor, die Autobahnen in eine private Gesellschaft zu überführen, an der auch private Investoren Anteile kaufen können. Darüber hinaus sollte diese Gesellschaft umfangreich Kredite aufnehmen können, die nicht mehr der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Auch ganze Autobahnnetze sollten als  Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) zugelassen werden. Die Gesellschaft sollte sich aus den Einnahmen aus PKW-und LKW-Maut finanzieren.

Der Koalitionsausschuss hatte den Plänen in dieser Form am 29. März eine Absage erteilt. Jedoch sollten die wesentlichen Privatisierungsschranken lediglich in einem Begleitgesetz und nicht im Grundgesetz eingezogen werden. So mache man jedoch „eine sehr große Tür auf für Privatisierungen“, sagt der Sachverständige im Haushaltsausschuss Prof. Georg Hermes gegenüber MONITOR, denn „zukünftige Regierungen könnten dann mit einfacher Mehrheit eine sehr weitgehende Privatisierung umsetzen“.

Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, warnt gegenüber MONITOR vor extremen Kostensteigerungen für die Autofahrer durch Renditeerwartungen privater Investoren. Er fordert deshalb „jede Form von Privatisierung auch durch die Hintertür von vornherein durch eine klare Regelung im Grundgesetz auszuschließen“.

Der Berichterstatter der CDU-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss, Norbert Brackmann, weigert sich aber, an dem bisher gefällten Beschluss zur Grundgesetzänderung noch etwas zu ändern. Man könne nicht „über das Grundgesetz Einzelregelungen, die normalen Gesetzen vorbehalten sind, jetzt in das Grundgesetz reinschreiben“, sagte Brackmann dem ARD-Magazin.

Stand: 25.04.2017, 16:49 Uhr

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9 Kommentare

  • 9 Lobby-Controler 12.06.2017, 11:47 Uhr

    Die Lobby-Wirtschaft beeinflusst die Politik seit Jahrzehnten in die Richtung der Privatisierung von Staats-(Volks-)-Eigentum! Das ist also nicht neu sondern seit Jahren ein riesiger Skandal! Angefangen hatte das mit der Privatisierung der Autobahnraststätten weitere Dinge sind in den Komunen mit den sogenannten PPP-Geschäften gelaufen, indem private Bauunternehmen für den Staat gebaut haben und der zahlte horrende Mieten. Übrigens auch Autobahnbau unter dem letzten Verkehrsminister ist so auf Kosten der Generationen von Steuerzahlern finanziert worden!!! Es geht nur eines um das zu verhindern: Das Volk (also wir) sollte sich mehr um die Angelegenheiten der Politik kümmern, also Verantwortung übernehmen. Das geht so: An runden Tischen versammeln, die Themen ausdiskutieren und über Campact.de eine Initiative starten um die Politik dazu zu bringen Anti-Neoliberale-Wirtschaftspolitik zu machen. So einfach ist das . Also Leutchen, legt los! Campact hat bereits eine solche Ini ...

  • 8 Miriam S 21.05.2017, 17:04 Uhr

    wenn ich Geld ausgebe zu einem bestimmten Zweck, sehe ich selbst nach in welchen Plan es gesteckt wird; wieso entziehe ich mich schlicht meiner Verantwortung indem ich sie dem auferlege, an den ich mein Geld gebe? ein Land ist doch kein Unternehmen, und der Bund nicht sein Investor..öffentliche Institutionen sind keine Spekulationsobjekte...da geht wohl einiges durcheinander... Verantwortlich für den miserablen Zustand der BUNDESAUTOBAHNEN ist immer noch der BUND, der aber nicht das Recht hat sie an Großkapitalisten zu verschleudern, sondern sie zu erhalten, zu unterhalten, zu erneuern...

  • 7 Marina Heckmann 15.05.2017, 05:26 Uhr

    Danke an die Monitorredaktion. Ich hoffe, die SPD hält ihr Versprechen ( Herr Gabriel ruderte gerne zurück). denn ich will ein Wähler der SPD bleiben.

  • 6 Highend12 28.04.2017, 15:47 Uhr

    Hier zeigen sich die Blüten einer von Banken und Bossen gekauften Regierung. Gesetze werden nur noch zum Wohle weniger gemacht. Das Ergebnis ist eine riesige Umverteilung, von unten nach oben und die Rechnung werden die Ärmsten im Land Zahlen müssen. Die Armutsquote war noch nie so hoch wie unter dieser Regierung. Das Prinzip ist das Gleiche wie bei der LKW Maut. Ein Konsortium macht dicke Kasse auf Kosten der Steuerzahler und nur ein kleiner Teil des Geldes Fließ in Straßen und Infrastruktur. Lobbyismus ,Vetternwirtschaft und Korruption sind unter dieser Regierung gesellschaftsfähig geworden.

  • 5 Keine Wahl trotz Wahl? 28.04.2017, 11:49 Uhr

    Politiker wie Dobrindt sind eine absolute Schande für unser Land. Dessen Antwort und Reaktion im Beitrag, auf die Nachfragen von Monitor, zeigt deutlich, für wen und welche Ziele dieser Mann sein Ministeramt ausübt (missbraucht). Für das Volk jedenfalls nicht. Zumindest die SPD ist wieder abgerückt von dem Vorhaben. Ein Hoffnungsschimmer. Danke Monitor.

  • 4 Dietmar Dausner 27.04.2017, 22:26 Uhr

    Bravo, Monitor Team! Sehr gut, dass sie diese Schweinerei mit der Autobahn Privatisierung der CDU Minister Schäuble und Dobrindt aufgedeckt haben. Das Ganze stinkt nach einem ähnlichen Geschenk für die Versicherungswirtschaft wie die Riester Rente. Damit alleine wird die CDU für mich nicht mehr wählbar! Falls Die SPD sich in dieser Sache auch über den Tisch ziehen läßt, dann sie auch nicht mehr. Ich hoffe nun, dass dieses Gesetzesvorhaben ganz vom Tisch kommt. Mit freundlichen Grüßen D.D.

  • 3 Grummelchen 27.04.2017, 22:15 Uhr

    Was mit der Infrastruktur geschiet wenn Private Zugriff haben kann man in den USA sehen.So ein marodes System ist bisher einmalig.Wie dumm sind denn die im Bundestag eigentlich.Nicht alles was die Lobbisten wollen ist gut für uns kleinen Bürger.Die Stadt Berlin hat nicht umsonst seine Wasserversorgung wieder zurückgekauft.Wird Zeit mal die Alten durch jüngere zu ersetzen.

  • 2 ATÜS 27.04.2017, 21:37 Uhr

    @Anonym Hier ist Ihnen zumindest zum Teil zu zustimmen. Eine Änderung dieser Strukturen kann hier Abhilfe schaffen. Hierzu gehört aber auch eine vernünftige Bezahlung des Personals und somit eine fachlich kompetente Personalgewinnung. Hier liegt der eigentliche Hase im Pfeffer. Hier soll aber eine Möglichkeit geschaffen werden Versicherungen und Großkonzernen den Weg zu bereiten einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. ÖPP-Projekte sind bislang immer teuere ausgefallen als in den Angeboten veranschlagt. Siehe hier als Beispiel die A1 im Bereich Bremen - Hamburg und die A7 im Bereich Bockenem Göttingen. Hier wurde sogar eine Verteuerung von gut 40% erreicht (ca 600 Mio. zu dann ca 1 Mrd. €). Der Bundesrechnungshof hat dies mehrfach bestätigt. Desweiteren sollen die gut ausgebildeten Straßenwärter durch extrem billiges Personal ersetzt werden. Also noch mehr Niedriglöhner die die Sozialkassen dann belasten. Das kann nicht der Weg sein. Ein weiteres Beispiele für "schl ...

  • 1 Anonym 27.04.2017, 10:45 Uhr

    Schade, dass ein guter Plan mal wieder dem Wahlkampf geopfert wird. Die Autobahnen gehören weiterhin dem Staat. Die geplante Gesellschaft - oder Teile derselben - sind unveräusserlich. Dies wird im Grundgesetz manifestiert. Hier wird Nichts ausverkauft. Was aufhören soll ist Kleinstaaterei und der verwaltungstechnische Wasserkopf in der Straßenbauverwaltung. Bislang ist es so, dass der Bund zwar das Geld bereitstellt, aber die Länder planen (dafür haben sie aber z.T. weder Geld noch Personal noch Kompetenz ...) und das Geld ausgeben (Selbst das schaffen sie z. T. nicht. Das könnten Sie ggf. mal recherchieren und werden staunen wieviel Geld hier liegenbleibt.). Wer kennt das nicht: Baustellen mit einer Handvoll Arbeitern. Endlose abgesperrte Fahrstreifen ohne jegliche Bautätigkeit. Tagesbaustellen zum Ferienbeginn. Nichts ist so einfach wie das Geld anderer auszugeben aber keine Verantwortung zu tragen. Ich finde es eine gute Idee dies zu Beenden. Zudem wird dafür gesor ...