Meldung vom 03.06.2016

MONITOR und DER SPIEGEL: Neue Auffälligkeiten bei Opel

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Nach Recherchen des ARD-Magazins MONITOR und des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL verwendet Opel eine ähnliche Zykluserkennung wie Volkswagen. Der Konzern weist dies zurück.

Abgasskandal bei Opel

Neue Auffälligkeiten bei Opel

Es geht um einen Satz. Opel wiederholt ihn gebetsmühlenartig. Seit Monaten reagiert der Autobauer auf Fragen zu Unregelmäßigkeiten bei der Abgasreinigung immer gleich und betont: „Opel verwendet keine Software, die erkennt, ob ein Auto einem Abgastest unterzogen wird.“ Mit diesem immer gleichen Statement gehen die Rüsselsheimer vor allem auf Distanz zum Konkurrenten Volkswagen. Der hatte eingestanden, mit Hilfe der Motorsteuerung bei der Abgasprüfung zu tricksen, so dass die betroffenen Fahrzeuge nur im offiziellen Abgastest sauber sind, nicht aber im Alltagsbetrieb.

Neue Erkenntnisse des Lübecker IT-Spezialisten Felix Domke könnte Opels Argumentation nun jedoch widerlegen. Die Parallelen zu der Manipulation von Volkswagen sind offenbar größer als bisher angenommen. Domkes Analyse zeigt, dass in der Motorsteuerung des Opel Begrenzungen programmiert sind. Diese orientieren sich offensichtlich an den Maximalwerten der offiziellen Prüfung. Bewegt man sich innerhalb dieser Begrenzungen, funktioniert die Abgasreinigung wie vorgesehen. Fährt man nur minimal schneller, stößt das Auto mehr Schadstoffe aus.

Felix Domke sieht genau hier die Parallele: „Die Ähnlichkeit zu Volkswagen ist doch offensichtlich. Die Betrugssoftware von VW hat dafür gesorgt, dass der Wagen nur ‚sauber’ läuft, wenn sie anhand von Strecke und Zeit erkennt, ob der Prüfzyklus des offiziellen Tests gefahren wird. Im Zafira prüft die Motorsteuerung Gang-genau – mit wenigen Prozent Sicherheitspuffer – ob ich die maximale Beschleunigung des Tests nicht überschreite. Wo ist denn da der Unterschied?“

Auch für Abgasexperte Michal Vojtisek von der der Technischen Universität in Prag gibt es klare Indizien, die für eine Erkennung des Abgastests sprechen. Er sieht in der Software Opels eine „Multi-Kriterien-Analyse“, die neben Drehzahl, Einspritzmenge ja auch noch die Temperatur und den Luftdruck mit abfragt, vermutlich um die Testbedingungen zu erkennen.

Opel weist das zurück.Diese Interpretationen seien falsch: „Testzykluserkennung würde bedeuten, dass das Auto während des Testzyklus ein anderes Verhalten an den Tag legen würde, als unter den gleichen Bedingungen auf der Straße, weil es den Zyklus erkennt.“ Das sei bei Opel nicht der Fall.

Der EsslingerMechatronik-Professor Markus Ledermann lässt das nicht gelten. Für ihn ist klar, dass die Motorsteuerung des Opels vor allem so programmiert ist, dass sie in der offiziellen Prüfung funktioniert: „Das einzig erkennbare Kriterium für das Abschalten ist die Frage, ob dieser Betriebszustand im NEFZ vorkommen kann oder nicht. Wenn ja, wird nicht abgeschaltet, wenn nein, wird abgeschaltet.“

Inzwischen hat Felix Domke seine neue, 14-seitige Ausarbeitung dem Kraftfahrtbundesamt zu Verfügung gestellt. Der Fall Opel beschäftigt noch immer die Abgaskommission des Bundesverkehrsministers, aber Konsequenzen wurden noch nicht gezogen. Anders bei VW: Die Typengenehmigungen der Betrugs-Fahrzeuge wurden längst zurückgerufen.

Stand: 03.06.2016, 15:38 Uhr

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