Starke Kandidaten, starke Wahlergebnisse – Warnruf für Angela Merkel?

Der Faktencheck zur Sendung vom 16.10.2017

Angela Merkel will nichts falsch gemacht haben – jetzt hat ihre Union nach der schwachen Bundestagswahl schon wieder verloren. Ist Merkel angezählt? In Österreich siegen die Konservativen: Neuanfang mit einem jungen Kandidaten – eine Blaupause auch für die Union?

Eine Talkshow ist turbulent. Auch in 75 Minuten bleibt oft keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt "hart aber fair" nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Edmund Stoiber über aktuelle Flüchtlingszahlen

Der Ehrenvorsitzende der CSU, Edmund Stoiber, sagt, derzeit kommen Monat für Monat 15.000 neue Flüchtlinge nach Deutschland.

Die Größenordnung stimmt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zählte zwischen Januar und Oktober dieses Jahres rund 151.000 Flüchtlinge, die zum ersten mal einen Antrag auf Asyl gestellt haben. Durchschnittlich waren dies rund 16.780 pro Monat.

Allerdings ist die Zahl im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres deutlich zurückgegangen. Von Januar bis Oktober 2016 stellten noch rund 643.000 Menschen erstmals einen Asylantrag. Das ist ein Rückgang von mehr als 76 Prozent.

Boris Palmer über Familiennachzug

Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (Bd.90/Grüne), sagt, Schätzungen über den Familiennachzug sind unsicher. So könnten zwischen 70.000 und 300.000 Menschen nach Deutschland kommen.

Tatsächlich tun sich sowohl Politik als auch Behörden schwer damit, genaue Schätzungen abzugeben, wie viele Menschen über den Familiennachzug nach Deutschland kommen könnten. In einer Expertenanhörung vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages im März dieses Jahres wird eine Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) herangezogen, nach der statistisch betrachtet zwischen 1,2 und 1,5 Personen pro Flüchtling nachziehen könnten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund geht in einer Stellungnahme von höheren Zahlen aus.

Zwischen den Jahren 2015 und Mitte 2017 erteilte das Auswärtige Amt nach eigenen Angaben alleine für Syrer und Iraker 102.000 Visa im Rahmen des Familiennachzuges. Das Auswärtige Amt rechnet nach dpa-Informationen derzeit mit rund 70.000 Syrern und Irakern, die sich um einen Nachzug ihrer Familien nach Deutschland bemühen. Bis 2018 könnten demnach zwischen 100.000 und 200.000 weitere syrische und irakische Familienangehörige nach Deutschland kommen.

Die Große Koalition hatte den Familiennachzug für eingeschränkt Schutzbedürftige im vergangenen Jahr beschränkt und für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Wie es mit dem Familiennachzug weiter geht, wird einer der größten Knackpunkte bei den anstehenden Sondierungsgesprächen und möglichen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition sein.

Stand: 17.10.2017, 12:16 Uhr