Was muss sich ändern bei Sicherheit und  Zuwanderung?

Der Faktencheck zur Sendung vom 18.09.2017

Die große Zahl von Flüchtlingen verändert unsere Gesellschaft und wühlt die Menschen auf. „hart aber fair“ konfrontiert Politiker mit Forderungen der Wähler. Was wird für die Integration der Zuwanderer  getan, was für die Sicherheit der Bürger?

Eine Talkshow ist turbulent. Auch in 75 Minuten bleibt oft keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt "hart aber fair" nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Abschiebequoten Bayern und Baden-Württemberg

Joachim Herrmann (CSU) sagt, Bayern habe in diesem Jahr bereits 2000 Menschen, die keine Aufenthaltsgenehmigung haben, abgeschoben. Baden-Württemberg unter dem grünen Ministerpräsidenten Kretschmann sei in dieser Hinsicht sogar noch konsequenter, sagen Cem Özdemir (Bd.90/Grüne) und Alice Weidel (AfD).

In diesem Jahr sind bis Juli 1.596 Personen aus Bayern abgeschoben worden. Baden-Württemberg hat im gleichen Zeitraum 1.888 Menschen zur Ausreise aus Deutschland veranlasst. Diese absoluten Zahlen sagen jedoch noch nichts über die Quote der Abschiebungen aus. Hierzu muss die Zahl der Abgeschobenen in Relation zu den ausreisepflichtigen Menschen ohne Duldung betrachtet werden. In Bayern waren Ende Juni 2017 9.327 ausreisepflichtige Personen ohne Duldung registriert. Bayern hat im Zeitraum Januar bis Juli 2017 also 17,1 Prozent dieser Ausreisepflichtigen abgeschoben. Baden-Württemberg zählte im gleichen Zeitraum 1.888 abgeschobene Personen. Bei 6.180 Menschen, die keine Duldung besitzen und eigentlich ausreisepflichtig sind, kommt das Bundesland von Winfried Kretschmann auf eine Abschiebequote von 30.5 Prozent.

Nikolaus Blome über die Zahl der Abschiebungen

Nikolaus Blome fragt sich, was aus der nationalen Kraftanstrengung der Großen Koalition geworden ist, durch die Abschiebungen konsequenter durchgeführt werden sollten. Er sagt, die Zahl der Abschiebungen sei sogar zurückgegangen.

Tatsächlich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine "nationale Kraftanstrengung" angekündigt, um die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu forcieren. "Wo Recht gesetzt ist, muss dieses Recht auch umgesetzt werden", sagte die Kanzlerin Anfang des Jahres auf einer Tagung des Deutschen Beamtenbundes.

Die Zahlen aber lassen Zweifel an dieser Kraftanstrengung aufkommen. Im ersten Halbjahr 2016 sind noch 13.743 Menschen abgeschoben worden, die keine Aufenthaltsgenehmigung hatten. Im gleichen Zeitraum dieses Jahres ging die Zahl zurück. Von Januar bis Juli 2017 wurden nur 12.545 Menschen in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Das sind etwa neun Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahlen stammen aus Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der Linken.

Insgesamt sind im vergangenen Jahr rund 25.000 Menschen abgeschoben worden. Hinzu kamen mehr als 54.000 Personen, die Deutschland mit Förderhilfen freiwillig wieder verlassen haben. Die Zahl der freiwillig Ausreisenden nahm in diesem Jahr jedoch deutlich ab. Während im ersten Quartal des vergangenen Jahres noch rund 14.000 Menschen Deutschland freiwillig verließen, lag die Zahl im gleichen Zeitraum dieses Jahres bei nur noch rund 8.400.

AfD, Flüchtlingskinder und Schule

Wird die AfD Flüchtlingskinder – unabhängig von ihrem Schutzstatus – in die Schule schicken? Das wollte Nikolaus Blome von Alice Weidel wissen. Hierzu stehe alles im AfD-Programm, so die Spitzenkandidatin der AfD.

In zwei Sätzen befasst sich die AfD in ihrem Wahlprogramm mit der schulischen Bildung von Asylbewerbern, ohne dabei konkret zu werden. Auf Seite 44 heißt es: "Ziel der Beschulung schulpflichtiger Asylbewerber muss es sein, diese auf das Leben nach der Rückkehr in ihr Herkunftsland vorzubereiten und die Zeit bis zur Rückkehr sinnvoll zu überbrücken. Einheimische Schüler dürfen nicht in ihrem Lernfortschritt behindert werden." Wie diese Vorbereitung aussehen soll, wird nicht näher beschrieben. Allerdings ist davon auszugehen, dass die AfD dagegen ist, Flüchtlingskinder so schnell wie möglich in eine normale Regelschule zu schicken. Das jedenfalls geht aus der Reaktion der AfD-Fraktion des NRW-Landtages auf eine entsprechende Forderung des NRW-Flüchtlingsrates hervor. Die AfD befürchtet, dass Lernniveau- und tempo in den Schulklassen absinken, weil Flüchtlingskinder kein deutsch sprechen. Die Fraktion fordert ein Bildungsprogramm, das sich auf die "spezifischen Erfordernisse dieser Kinder konzentriert und nicht rücksichtlos daran vorbei." In NRW nehmen Flüchtlingskinder ohne Deutschkenntnisse allerdings ohnehin nicht durchgehend am Regelunterricht teil. Sie werden in Vorbereitungs- bzw. Auffangklassen unterrichtet, um sie so schnell wie möglich in Regelklassen integrieren zu können. Informationen, wie die einzelnen Bundesländer mit schulpflichtigen Flüchtlingen umgehen, finden Sie über den unten angegebenen Link.

Stand: 19.09.2017, 11:41 Uhr