Die ewige Kanzlerin – ist Merkel die Lösung oder das Problem?

Der Faktencheck zur Sendung vom 05.12.2016

Europa taumelt in die nächste Krise und die CDU sagt: Weiter so mit Angela Merkel als Kanzlerin. Aber wie dringend braucht Deutschland, braucht Europa vier weitere Jahre Merkel? Und zeigt sich gerade: Wo Politik alternativlos scheint, verliert sie die Mehrheit?

Eine Talkshow ist turbulent. Auch in 75 Minuten bleibt oft keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt "hart aber fair" nach und überprüft einige Aussagen. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Elmar Brok und Ralf Höcker über Flüchtlingszahlen

Elmar Brok (CDU) und der Jurist Ralf Höcker waren sich nicht einig darüber, wie viele Flüchtlinge derzeit täglich noch nach Deutschland kommen. Zwischen 20 und 100 nehme Deutschland täglich aus der Türkei auf, sagt Brok. Höcker spricht insgesamt von deutlich mehr.

Die Zahl der Flüchtlinge, die derzeit noch täglich nach Deutschland einreisen, ist im Vergleich zum vergangenen Jahr und auch zu Beginn dieses Jahres deutlich zurück gegangen. "hartaberfair“ hat bei der Bundespolizei die aktuellsten Zahlen eingeholt: Im November dieses Jahres registrierte die Bundespolizei rund 3.500 Migranten, die nach Deutschland eingereist sind. Durchschnittlich waren dies 166 pro Tag. Im Januar dieses Jahres lag die Zahl noch bei rund 65.000 Migranten, was einem täglichen Zuzug von rund 2.100 entspricht. Auch im Februar lag die tägliche Zahl einreisender Migranten noch bei rund 1.340. Seit im März die Balkanroute faktisch geschlossen wurde und das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei in Kraft trat, ging auch die Zahl der Flüchtlinge deutlich zurück. Im gesamten Monat März reisten nur noch rund 5.600 Flüchtlinge ein.

Wie viele Flüchtlinge Deutschland derzeit täglich aus der Türkei übernimmt, lässt sich so einfach nicht darstellen. Im Rahmen des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei hat sich Deutschland im März verpflichtet, bis Ende des Jahres 1.600 Syrer aus der Türkei aufzunehmen. Bei neun Monaten seit in Krafttreten dieser Verpflichtung wären dies im Schnitt etwa sechs Syrer täglich. Bei Bedarf allerdings will die Bundesregierung darüber hinaus weitere 13.500 Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen. Hinzu kommen monatlich mehrere Hundert Flüchtlinge, die Deutchland Italien und Griechenland abnehmen wird. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im September auf dem Flüchtlingsgipfel in Wien zugesagt.

Elmar Brok über Flüchtlinge in der Türkei

Elmar Brok erinnert daran, dass die Türkei das Land ist, das mit drei Millionen Menschen derzeit die meisten Flüchtlinge beherbergt.

Das ist richtig. Nach Angaben der UN-Flüchtlingshilfe beherbergt die Türkei aktuell rund 2,8 Millionen Menschen alleine aus Syrien. Hinzu kommen etwa 300.000 Flüchtlinge aus anderen Ländern, vor allem aus dem Irak. Damit ist die Türkei weltweit das Land, das derzeit die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat. Schon Ende 2015 kamen in der Türkei auf 1000 Einwohner 32 Flüchtlinge. Nur der Libanon (183), Jordanien (87) und Nauru (50), ein kleiner Inselstaat vor Australien, beherbergten gemessen an der Gesamtbevölkerung mehr Flüchtlinge.

Anerkennung von Flüchtlingen aus Eritrea

Elmar Brok weist den Vorwurf zurück, Deutschland schiebe Flüchtlinge in das Bürgerkriegsland Eritrea ab. Immerhin würden 98 Prozent aller Asylanträge von Eritreern anerkannt.

Die Größenordnung ist richtig. Von 17.494 Asylanträgen, die Menschen aus Eritrea im Jahr 2016 gestellt haben, sind 16.475 bewilligt worden. Das entspricht nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einer Schutzquote von 94,2 Prozent. Höher liegt diese Quote nur bei Flüchtlingen aus Syrien (98,1 Prozent). Zieht man alle Herkunftsländer heran, wurden 2016 bisher 63,9 Prozent aller Asylanträge genehmigt.

Stand: 01.11.2016, 10:37 Uhr