Jürgen Sengera, Ex-Chef der WestLB

BGH hob Freispruch auf

Sengera muss erneut vor Gericht

Stand: 13.08.2009, 11:32 Uhr

Der frühere WestLB-Chef Jürgen Sengera muss sich wegen eines geplatzten Milliardenkredits erneut vor Gericht verantworten. Der Bundesgerichtshof hob am Donnerstag (13.08.2009) den Freispruch vor dem Düsseldorrfer Landgericht auf.

Der Bundesgerichtshof annulierte das Urteil der des Düsseldorfer Landgerichts wegen zahlreicher Fehler und ordnete an, den Prozess dort vor einer anderen Kammer neu zu verhandeln. BGH-Strafsenatsvorsitzende Jörg Peter Becker kritisierte während der Revision in Karlsruhe, das Düsseldorfer Urteil lasse offen, wie intensiv die Bank vor der Kreditvergabe in den Jahren 1999 und 2000 die Risiken geprüft habe. Auch zur angeblich unterlassenen Absicherung des Geschäfts stehe nichts in der Begründung: "Ich finde dazu nichts", sagte Becker, der von regelrechten "Lücken" im Urteil sprach. Teilweise seien die Richter zudem von rechtlich falschen Ansatzpunkten ausgegangen. "Das sind alles Punkte, wo wir hier ziemlich im Dunkeln tappen."

Hintergrund: 400 Millionen Euro Insolvenzschaden

Hintergrund des Prozesses ist eine 1999/2000 mit WestLB -Krediten finanzierte Fusion der Geräteverleiher Granada und Thorn zum neuen Unternehmen Boxclever. Die Bank hatte dafür insgesamt 1,35 Milliarden Euro bereitgestellt. Als Boxclever im Jahr 2003 insolvent wurde, richtete dies bei der WestLB einen Schaden von mehr als 400 Millionen Euro an. Sie geriet dadurch in eine finanzielle Schieflage.

Die Frage war, ob Sengera die Risiken des Milliarden-Kredits ausreichend hatte prüfen lassen. Das Landgericht Düsseldorf sprach Sengera im Juni 2008 vom Vorwurf der Untreue frei: Zwar habe er gegen die Pflichten eines "ordentlichen Bankleiters" verstoßen, allerdings sei ihm kein Vorsatz nachzuweisen.

Risiken nicht ausreichend geprüft?

Aus Sicht der Bundesanwaltschaft hat Sengera weder den damals bereits seit zehn Jahren schrumpfenden britischen Verleih-Markt analysieren lassen noch für ausreichende Sicherheiten gesorgt: "Die WestLB trug bei diesem Geschäft das volle geschäftliche Risiko", sagte Staatsanwältin Claudia Gorf bei dem Verfahren in Karlsruhe.

WestLB-Chef Sengera freigesprochen

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Auch Verteidiger sieht Defizite im Urteil

Verteidiger Eberhard Kempf erklärte wiederum, der Bank habe eine aktuelle Marktanalyse von 1998 ebenso vorgelegen wie die Daten von Granada und Thorn, die je 40 Prozent des britischen Marktes abgedeckt hätten. Zudem sei vor der Unterzeichnung des Kreditvertrags Ende Juni 2000 eine umfangreiche Überprüfung des Geschäfts vorgenommen worden. Allerdings stellte auch der Verteidiger die Defizite des Urteils nicht in Abrede: "Die Verteidigung befindet sich in der Tat in einem Dilemma. Wir verteidigen den Tenor des Landgerichtsurteils, nicht die Begründung."