Bill Gates präsentiert Windows 95 (Archivbild von 1995)

1995: Durchbruch fürs Internet

Das globale Dorf und die Kaffeemaschine

Stand: 14.08.2010, 00:12 Uhr

Zum Online-Start des WDR 1995 war das Internet noch nicht so bunt und komfortabel wie heute. Das WWW aber feierte erste Erfolge und verhalf dem Netz zum Durchbruch. Und erstmals konnten Radiosender aus fremden Ländern übers Internet gehört werden.

Von Jörg Schieb

Mit mehreren Megabit pro Sekunde online gehen und im Affenzahn E-Mails austauschen. Bunte Webseiten mit Fotos, Videos und Animationen: Für heutige Internetbenutzer ist das alles selbstverständlich. 1995 jedoch hätte kaum jemand für möglich gehalten, dass sich das Internet derart rasant entwickeln würde. Selbst Bill Gates hat das Internet damals ignoriert. Das 1995 mit viel Tamtam vorgestellte Windows 95 zum Beispiel wurde noch ohne jede Internetfunktion ausgeliefert.

Ein Fehler! Schon wenige Wochen später musste Microsoft seine Fenster-Software hektisch nachrüsten - das Internet war innerhalb weniger Wochen zu einem der wichtigsten Themen in der Industrie geworden. "Datenautobahn" wurde das Internet damals häufig genannt, da US-Vizepräsident Al Gore gerne vom "Information Superhighway" sprach. Dank seiner Initiative wurde das Internet überhaupt erst für die Allgemeinheit erschlossen. Vorher war es nur für Wissenschaft, Militär und Behörden zugänglich. 1995 rückte das Internet rasant ins Licht der Öffentlichkeit.

1995: Wartezeiten im 'Globalen Dorf'

Wesentlich verantwortlich für den Erfolg war das World Wide Web, das 1993 ohne viel Aufhebens startete. Ende 1994 kam der erste "Browser" heraus (von Netscape). Das Internet wurde kinderleicht bedienbar. Das hat dem WWW und somit dem Internet endgültig zum Durchbruch verholfen. Denn erstmals konnten auch Privatleute im Netz "surfen". Vorher war es viel zu kompliziert, sich im Internet mit Informationen zu versorgen. Gleichzeitig hielt der Kommerz Einzug im Netz: Erste Onlineshops öffneten ihre virtuellen Pforten.

Wer damals als Privatmann online gehen wollte, musste sich nicht nur ein Modem kaufen, sondern auch einige Mühen auf sich nehmen. Mit relativ mickrigen 9.600 Bit/Sekunde ging es ins Netz. Allerdings erst nach gut einer Minute Wartezeit. Denn so lange hat es damals allein schon gedauert, bis das Modem die Telefonnummer des Providers gewählt und über die Telefonleitung die eigentliche Verbindung hergestellt hat. Webseiten waren damals noch sehr karg. Bilder wurden nur spärlich verwendet.

Langsames Modem - trotzdem horrende Kosten

Eine der prominentesten Webseiten 1995: Die "Trojan Room Coffee Machine". Eine Webcam, die live den Füllstand einer Kaffeemaschine an der Universität Cambridge zeigte. Zum ersten Mal flimmerten ohne Fernseher live Bilder aus einem anderen Winkel der Erde über den Bildschirm. Die Welt rückte näher zusammen. Die Idee vom "Globalen Dorf" war geboren.

Trotz des geringen Datentempos waren die Kosten für den Onlinezugang um ein Vielfaches höher als heutzutage: Internetbenutzer mussten Telefon- und Onlinegebühren bezahlen. Das hat sich ganz schön summiert: Provider wie CompuServe oder MSN Network haben Gebühren von umgerechnet fünf Euro und mehr pro Stunde verlangt. Trotzdem haben sich die Internetpioniere damals nicht davon abhalten lassen, in stundenlangen "Sitzungen" das Internet zu erkunden.

Das bunte Web: Bilder, Radio und Videos

Es gab schließlich eine Menge zu entdecken. Die größte Bibliothek der Welt, die Library of Congress in Washington D.C. war bereits online. Datensurfer konnten die virtuelle Dependance des "Weißen Haus" besuchen. Rund 100.000 Webseiten hat es 1995 bereits gegeben. Beliebt waren aber auch öffentliche Diskussionsforen, "schwarze Bretter" genannt, an die jeder virtuelle Meldungen heften konnte. So entstanden lebhafte Diskussionen mit Teilnehmern aus aller Welt.

Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten war aber auch schon damals Unterhaltung wichtig. Ohne bunte Bilder wäre das World Wide Web zweifellos nie so erfolgreich gewesen. Selbst mit Audio und Video wurde bereits experimentiert: 1995 ist es zum ersten Mal gelungen, Radioprogramme live übers Internet zu übertragen.

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