Krisenkommunikation von Warsteiner

"Bier und Keime nie in einem Satz!"

Stand: 12.09.2013, 15:45 Uhr

Seitdem im Abwasser der Brauerei Legionellen nachgewiesen wurden, herrscht bei der Brauerei Warsteiner auch in der Öffentlichkeitsarbeit Großalarm. Der Kommunikationsexperte Christian Scherg lobt die Strategie und erklärt, warum man Bier und Keime nie in einem Satz nennen sollte.

Ein Mitarbeiter der Warsteiner-Brauerei in Warstein kontrolliert die Fassabfüllung

"Warsteiner Produkte sind sicher", twittert der Konzern im Stundentakt, auf der Facebook-Seite des Unternehmens ist eine Hotline für verunsicherte Verbraucher angegeben: Auf allen Kanälen bemüht sich der Konzern um Schadensbegrenzung. "Vorbildlich", findet der Düsseldorfer Kommunikationsexperte Christian Scherg die Strategie des Konzerns. Er berät Unternehmen in Krisensituationen. Im Interview erklärt er die Dynamik von Krisen in sozialen Netzwerken und warum es wichtig ist, immer die Deutungshoheit zu behalten.

WDR.de: In Warstein wurden Legionellen im Abwasser der Brauerei gefunden, nicht im Bier selbst. Wie schlimm ist es für das Unternehmen dennoch, das Keime und Warsteiner nun in einem Satz auftauchen?

Christian Scherg: Grundsätzlich muss man sagen, dass es für jede Marke erstmal fast tödlich ist, wenn ihr Produkt im Zusammenhang mit etwas genannt wird, was gesundheitsschädlich ist. Besonders Twitter ist in solchen Fällen eine große Gefahr: Da wütet ein riesiger Sturm, viel Spot und Häme ist dabei, aber auch falsche Informationen, die von Medien dann wieder aufgegriffen werden. Wenn es soweit kommt, ist das eine gefährliche Entwicklung für das Unternehmen. Dass ihr Produkt mit einem Krankheitserreger assoziiert wird, ist für Warsteiner schon an sich ein Super-GAU.

Wozu würden Sie einem Unternehmen in diesem Fall raten?

Kommunikationsexperte Christian Scherg

Christian Scherg, Experte für Krisenkommunikation

Scherg: Wichtig ist auf jeden Fall, dass man nicht selbst dazu beiträgt, das Problem zu skandalisieren. Auf keinen Fall sollten vom Unternehmen Aussagen wie "wir prüfen das" herausgegeben werden. Stattdessen gilt es schnell intern zu klären, was an Vorwürfen dran ist, um dann offensiv sagen zu können: Es ist unbedenklich, unser Bier zu trinken. Je souveräner man das nach außen vertreten kann, desto besser. Nur so gelingt es, ein solches Thema auf möglichst kleiner Flamme kochen.

WDR.de: Also die ganz klare Botschaft aussenden: "Es gibt keine Legionellen in unserem Bier"?

Scherg: Genau mit solchen Aussagen sollte man vorsichtig sein. Selbst wenn ich sage "In Warsteiner sind keine Legionellen", besteht das Problem, dass ich beide Begriffe verbinde. Und schon kann es sein, dass etwa Google diese Verbindung immer wieder schafft, zu "Warsteiner" künftig "Legionellen" ergänzt. Genau das muss vermieden werden, weil sich viele Menschen gar nicht tief genug informieren. Sie sehen nur den Zusammenhang, verbreiten den über Twitter oder andere Kanäle weiter und ehe man sich versieht, befindet man sich als Unternehmen in einer Skandalisierungsspirale, aus der man nur schwer wieder herauskommt.

Welche Rolle spielen soziale Netzwerke in diesen Fällen?

Scherg: Das Besondere - und aus Unternehmenssicht das Gefährliche - an sozialen Netzwerken ist die Tatsache, dass sie viel dynamischer und schneller sind als herkömmliche Medien. Informationen können schnell so große Kreise erreichen, dass es schwer ist, auch eine Falschmeldung wieder einzufangen. In diesem Fall hat Warsteiner sehr gut reagiert: Sie sind sehr schnell mit Informationen nach draußen gegangen, haben alle Netzwerke mit einbezogen. Das macht sich bemerkbar: Die User der sozialen Netzwerke scheinen sehr beruhigt, es gibt eine Menge positiver Kommentare. Der vermeintliche Shitstorm ist erstmal ausgeblieben. Warsteiner ist damit etwas elementar Wichtiges gelungen: Sie haben die Deutungshoheit behalten. Nicht nur in ihrem eigenen Kanal, den sie steuern können, sondern auf der gesamten Plattform.

Das Gespräch führte Maike Jansen.