Baugrube an der Einsturzstelle des Stadtarchivs

Vier Jahre nach dem Archiveinsturz

Suchen, sichern, schachten

Stand: 03.03.2013, 06:00 Uhr

Vier Jahre ist es her, da stürzte in Köln das Stadtarchiv ein. Seitdem werden Archivgüter mühsam restauriert und Ermittler suchen noch immer nach Beweismaterial und Verantwortlichen. Auch der Bau des geplanten Besichtigungsschachtes stockt.

Auch vier Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs suchen die Ermittler weiter nach den Verantwortlichen der Katastrophe. Die Untersuchungen der Kölner Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung richteten sich nach wie vor gegen unbekannt. Und die Zeit drängt. Denn für beide Delikte gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist, die am 3. März 2014 endet.

Zwei Tote und ein Trümmerhaufen

Ein geborgenes Archivstück wird mit Pinsel gereinigt

Viele Archivstücke werden mühsam restauriert

Am 3. März 2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv in unmittelbarer Nähe einer U-Bahn-Baustelle ein und riss umliegende Häuser mit in die Tiefe. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben, 36 Anwohner verloren ihre Wohnungen. Dreißig Regalkilometer kostbare Archivdokumente verschwanden unter Erde, Schlamm und Trümmern. Der Großteil der kostbaren Güter konnte geborgen werden und wird seitdem schrittweise restauriert. Einrichtungen aus ganz Deutschland sind damit beschäftigt. Die Restaurierung wird noch Jahrzehnte dauern.

Die Suche nach dem Loch

Taucher suchen Archivalien

Trübseetaucher an der Einsturzstelle

Zu den Ursachen des Einsturzes gibt es bislang nur Mutmaßungen, aber keine Beweise. Pfusch am Bau stand von Anfang an im Raum. Eine Betonwand, die die Baugrube zur Erweiterung der U-Bahn neben dem Stadtarchiv absicherte, soll fehlerhaft gewesen sein. Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) vermuten ein Loch in der so genannten "Schlitzwand". So könnte Wasser in die Baugrube geflossen sein, das dem Stadtarchiv am Ende den Boden unter den Wänden entzogen habe. Längst hatten sich Taucher auf die Suche nach dem Loch gemacht, doch sie konnten nicht zu der verdächtigen Stelle vordringen. Die Stelle der Schlitzwand, die einen Defekt aufweisen könnte, liegt rund sechs Meter unterhalb der derzeitigen Sohle der Baugrube.

Aber auch andere Beschuldigungen stehen im Raum. Zum Beispiel, dass der Untergrund vor Beginn der Baumaßnahmen nicht hinreichend geprüft wurde. Vor Absackungen wurde schon lange vor dem Archiveinsturz gewarnt, denn im Kölner Untergrund schlummern jede Menge Hohlräume und alte Brunnen. Immer wieder war auch vor dem Einsturz schon Wasser in andere Gruben der U-Bahnstrecke eingebrochen.

Beweisaufnahme verzögert sich

Baugrube an der Einsturzstelle des Stadtarchivs

Baugrube an der Einsturzstelle des Stadtarchivs

Im Oktober 2012 stellten die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) dann gemeinsam Pläne für ein "Besichtigungsbauwerk" vor. Mit dem Bau einer Schachtanlage, die über 30 Meter tief ins Erdreich getrieben werden soll, will man nah ran an die Schlitzwand, um den möglichen Ursprung des Unglücks besser in Augenschein nehmen zu können. Bis 2014 soll das Besichtigungsbauwerk fertiggestellt und somit die Untersuchungen möglich sein. Doch auch der Bau des Schachtes verzögert sich jetzt. Die Bohrung musste knapp einen Meter vor seiner Endtiefe abgebrochen werden, weil sich der Boden als härter als vermutet erwies. Ob der kalkulierte Zeitplan einhalten werden kann, ist derzeit noch ungewiss.

Neue Sorgen um die U-Bahn

U-Bahn-Hinweisschild neben dem Kölner Dom

U-Bahn-Hinweisschild neben dem Kölner Dom

Der U-Bahn-Bau in Köln stand schnell unter Verdacht, etwas mit dem Einsturz zu tun zu haben. Mit der neuen Trasse soll der Fahrweg vom Dom in die Kölner Südstadt verkürzt werden. Ein Teilstück der neuen Strecke wurde bislang eröffnet und ließ schnell wieder Erinnerungen an das Stadtarchiv-Drama wach werden. Denn: Im Januar 2013 wurde bekannt, dass der Kölner Dom, Wahrzeichen der Stadt und Weltkulturerbe, regelmäßig vibriert, wenn ein Zug durch die neu eröffnete Nord-Süd-Verbindung der U-Bahn rattert. Auch sei die Linie 5 bei der Vorbeifahrt deutlich hörbar. Herangezogene Fachleute der Universitäten Köln und Essen bestätigten derweil, dass keine Gefahr für den Dom bestehe. Am 6. Februar 2013 erklärten die Kölner Verkehrsbetriebe, dass es technische Möglichkeiten gäbe "die Emissionen auf das Bauwerk durch eine Maßnahme an der Lagerung der Schienen deutlich zu verringern".

Vier Monate sollen die Arbeiten an dem betroffenen Schienenabschnitt voraussichtlich dauern. Kostenaufwand: geschätzte 250.000 Euro. Wer die Baumaßnahme zahlen muss, ist hingegen noch nicht geklärt.

Archiv-Neubau bis 2015

Modell des neuen Kölner Stadtarchivs

Das neue Kölner Stadtarchiv im Modell

Wann werden die geretteten Archivalien wieder zugänglich sein? 2011 wurde im Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum (RDZ) des historischen Archivs der analoge Lesesaal eröffnet. Hier können Nutzer einen Teil der Originale in die Hand nehmen und zur Forschung verwenden. Im Lesesaal am Heumarkt, in der Kölner Innenstadt, kann zudem der digitalisierte Bestand eingesehen werden.

Der Neubau des historischen Archivs soll am Eifelwall, in der Nähe der Universität, entstehen. Der Entwurf eines Darmstädter Architekturbüros erhielt im Juni 2011 den Zuschlag. Bis 2015 soll der Bau fertiggestellt sein. Die Stadt rechnet mit Kosten in Höhe von 86 Millionen Euro.