Feuerwehr an der Einsturzstelle

Bergungsarbeiten verlaufen schleppend

Weiterhin zwei Personen vermisst

Stand: 04.03.2009, 20:06 Uhr

Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs am Dienstag (03.03.2009) kommen die Bergungsarbeiten nur schleppend voran. Es besteht nur noch wenig Hoffnung, dass die beiden Vermissten das Unglück überlebt haben.

Auch am Mittwoch (04.03.2009) konnte die Suche nach den vermissten Personen in den Trümmern des Kölner Stadtarchivs nicht abgeschlossen werden. Die Unglücksstelle war einen Tag nach dem Einsturz des Gebäudes immer noch nicht ausreichend gesichert. Bei den Vermissten soll es sich um zwei Männer aus dem Nachbarhaus handeln. Ob sie zum Unglückszeitpunkt tatsächlich in ihren Wohnungen waren, ist zur Zeit noch unklar. "Wenn die beiden Bewohner der Nachbarhäuser unter den Trümmern liegen, geht die Überlebenswahrscheinlichkeit gegen null", erklärte Stefan Neuhoff, Direktor der Kölner Feuerwehr.

Nachbarhaus einsturzgefährdet

In der Nacht zu Donnerstag (05.03.2009) wurde weiterhin Beton in die Hohlräume unter der Unglücksstelle gekippt, um den Trümmerberg abzusichern. Am Donnerstagmorgen soll dann mit dem Abriss des rechten Nachbargebäudes begonnen werden. Dieses war bei dem Unglück am Dienstagnachmittag (03.03.2009) so stark beschädigt worden, dass auch dort Einsturzgefahr besteht.

"Stadtarchiv wurde buchstäblich der Boden entzogen"

Der Grund für die Katastrophe scheint inzwischen klar. Eine 28 Meter tiefe Baugrube vor dem Stadtarchiv, die Teil des KVB-Neubaus ist, war mit Betonwänden gesichert. Eine dieser Wände ist nach Angaben von Stadtdirektor Guido Kahlen gebrochen. Durch das Loch rutschte die Erde unter dem Stadtarchiv in die Grube. "Dem Stadtarchiv wurde buchstäblich der Boden entzogen", so der Stadtdirektor.

Staatsanwaltschaft leitet Verfahren ein

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat inzwischen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. "Wir gehen dem Verdacht der Baugefährdung und der fahrlässigen Körperverletzung nach", sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld. Die Ermittlungen richteten sich zunächst gegen Unbekannt. Eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft habe sich bereits am Unglücksort ein Bild von der Lage gemacht und im Einsatzstab des Kölner Polizeipräsidiums mitgewirkt.

Versicherungswert der Archivalien: 400 Milliionen Euro

Am Ausgang des Ermittlungsverfahren dürfte auch die Provinzial-Versicherung interessiert sein. Bei ihr war das Historische Stadtarchiv versichert. "Die Stadt hat bei uns Verträge in zweifacher Deckung abgeschlossen", sagte Provinzial-Sprecher Christoph Hartmann WDR.de. So bestehe für das Gebäude eine klassische Gebäudeversicherung über 12,2 Millionen Euro. Das Kulturgut war nach Versicherungs-Angaben mit einer "Allgefahrendeckung" über 60 Millionen Euro versichert. Kulturdezernent Georg Quander hatte zuvor den Versicherungswert des Archivmaterials auf 400 Millionen Euro geschätzt. Um die verschütteten Dokumente des Archivs vor Regen zu schützen, war am Mittwochnachmittag eine Plane über Teile der Unglücksstelle gezogen worden.

Schramma: "Das kann nochmal passieren"

Am Mittwoch hatte auch Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) die Unglücksstelle besucht und dem ARD-Morgenmagazin über einen Weiterbau der Kölner U-Bahn gesagt: "Ich halte das fast für unverantwortlich." Es müsse grundsätzlich überprüft werden, ob man in Zukunft in bewohnten Städten U-Bahn-Bauten in einem solchen Ausmaß durchführen könne und solle. "Es ist ja nicht das einzige Haus, das Risse und Schäden zeigt." Inzwischen verlässt sich der Bürgermeister auf die Aussagen der KVB, nach denen ein Weiterbau sicher ist. Allerdings forderte Schramma, dass der gesamte U-Bahn-Bau in Köln noch einmal genau untersucht werden müsse. Denn es sei nicht auszuschließen, dass "so etwas noch einmal passiert."

Die KVB haben unterdessen in einer Krisensitzung entschieden, den Bau an der Kölner U-Bahn fortzusetzen. Vorstandschef Jürgen Fenske erklärte, dass nur eine Fortsetzung der Arbeiten auch eine Sicherung der Baustellen gewährleisten könne.

Bergung der Schriften hat begonnen

Noch in der Nacht nach dem Unglück haben Arbeiter einen Zugang zum Keller des eingestürzten Historischen Stadtarchivs freimachen können. Hinter dem komplett zusammengestürzten Gebäude seien mehrere Garagen abgerissen worden, sagte ein Feuerwehrsprecher. Dadurch sei der Weg frei in einen der Keller des Archivs, aus dem nun Dokumente geborgen werden könnten. Dort besteht nach Angaben der Rettungskräfte keine Einsturzgefahr.

Die Stadt Köln sucht unterdessen kurzfristig Ersatzräume für zwei an der Unglücksstelle gelegene Schulen. Im Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und im Kaiserin-Augusta-Gymnasium findet bis Freitag (06.03.2009) kein Unterricht statt.

Zusammengefallen "wie ein Kartenhaus"

Das Historische Stadtarchiv in der Kölner Innenstadt war am Dienstag (03.03.2009) gegen 14.00 Uhr komplett in sich zusammengefallen. Der Bereich rund um die Unglücksstelle sowie einige Hauptverkehrsstraßen im Kölner Süden wurden weiträumig gesperrt.