Ein Archäologe befreit Archivgut mit einer Wasserspritze vom Schmutz

Fragen zur Bergung der Archivalien

Lohnt sich der Aufwand?

Stand: 09.01.2011, 02:00 Uhr

Nach dem Beginn der letzten Bergungsphase am Kölner Stadtarchiv haben viele User Fragen: Wieviel kostet die Bergung? Kann man das Wasser nicht einfach abpumpen? Was kann noch gerettet werden? Lohnt sich das Ganze? WDR.de gibt Antworten.

Seit Montag (03.01.2011) wird an der Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs wieder nach Archivalien gesucht. Taucher haben den mit Wasser gefüllten und vermutlich zwölf Meter tiefen Einsturzkrater erkundet. Mit ihrer Hilfe konnte seitdem beispielsweise ein tonnenschweres Trümmerstück gehoben werden. Darunter befand sich ein Archivregal, das noch komplett mit Akten gefüllt war. Für die Bergungsmannschaft ein besonderer Fund - sonst werden oft nur einzelne Schnipsel geborgen.

Als WDR.de am Montag über die Bergung berichtete, stellten die User in ihren Kommentaren zahlreiche Fragen. Die häufigsten werden hier beantwortet.

Lohnt sich die Bergung überhaupt?

Archivare haben gar keine Möglichkeit, vor der Bergung in "wichtig" und "weniger wichtig" zu sortieren. Was sie gerade in den Händen halten, sehen sie erst, wenn der Schlamm abgewaschen ist. Die Archivalien wurden beim Einsturz des Gebäudes kreuz und quer durcheinander gewürfelt. In dieser Woche wurden beispielsweise Bestände aus dem dritten Geschoss zusammen mit Archivalien aus dem Keller geborgen. Zwar handelt es sich bei den zuletzt geborgenen Beständen nicht unbedingt um Schätze, sondern um eher wenig spektakuläre Unterlagen, trotzdem sei die Bergung wichtig, erklärt Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia. So könne auch eine, auf den ersten Blick vielleicht nicht so interessante, Steuerakte von 1905 doch "eine ganze Menge über das Wirtschaftsleben der Stadt Köln um die Jahrhundertwende aussagen." Außerdem sei sie sicher, dass ihre Vorgänger in den vergangenen 150 Jahren gewissenhaft überlegt und ausgewählt hätten, "was aus ihrer Zeit sie den nächsten Jahrhunderten mitgeben möchten."

Können Bestände, die seit März 2009 im Wasser liegen, überhaupt noch gerettet werden?

"Der Unterschied zwischen bergen und retten ist wirklich groß", sagt Bettina Schmidt-Czaia. Dennoch habe ihr Team bereits Archivalien komplett wiederherstellen können, die 18 Monate im Wasser gelegen hätten. Das Wasser habe eine konservierende Wirkung. Wenn zwischenzeitlich keine Luft an die Bestände gekommen ist, spricht nichts gegen eine vollständige Restaurierung.

Der Einsatz von Baggern und Tauchern ist aufwändig. Kann man das Wasser nicht einfach aus der Grube abpumpen und die Archivalien rausholen?

Das Wasser muss in der Bergungsgrube bleiben, weil es einen Gegendruck zum Wasser im angrenzenden U-Bahntunnel erzeugt. Würde das Wasser abgepumpt, wäre die Schlitzwand zwischen Bergungskrater und Tunnel möglicherweise einsturzgefährdet. Die Bewegung der Wand wird dauernd kontrolliert. Wenn sie sich mehr als zwei Millimeter bewegt, muss die Bergung abgebrochen werden.

Die Archivare schätzen, dass fünf Prozent des ursprünglichen Bestands nicht mehr auffindbar sind. Wo sind diese Archivalien hin?

"Die sind wahrscheinlich pulverisiert", glaubt Bettina Schmidt-Czaia. Die fünf Prozent seien eine grobe Hochrechnung. Es sei aber davon auszugehen, dass manche Stücke so zerfallen seien, dass sie bei den Aufräumarbeiten nicht als Archivalien zu identifizieren gewesen wären und somit unwiederbringlich verloren seien. Um welche Bestände es sich genau handelt, ist noch nicht absehbar. Erst 14 Prozent der bereits geborgenen Archivalien sind identifiziert worden.

Was kostet die letzte Phase der Bergung und wer bezahlt sie?

10,2 Millionen Euro sind für die letzte Phase der Bergung veranschlagt. Damit werden unter anderem die umfangreichen Sicherungsarbeiten an der Einsturzstelle und die vielen Helfer bezahlt, die im Dreischichtbetrieb die geborgenen Archivalien säubern. Das Geld muss zunächst von der Stadt Köln bereitgestellt werden, soll aber als Schadensersatz später von den Verursachern zurückverlangt werden.