Fritz Behrens vor NSU-Ausschuss

Erneut Erinnerungslücken und eine Entschuldigung

Stand: 23.09.2015, 16:40 Uhr

  • Ex-Innenminister Fritz Behrens (SPD) sagte am Dienstag (22.09.2015) vor dem NSU-Ausschuss des NRW-Landtages aus
  • Seine Antworten erinnerten stark an seine Aussagen vor dem NSU-Ausschuss des Bundestages 2012
  • Behrens entschuldigte sich in Düsseldorf erneut bei NSU-Opfern

Von Dominik Reinle

Die Zeugenvernehmung vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des NRW-Landtages begann am Dienstag (22.09.2015) mit einer Wiederholung: Der geladene ehemalige NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) las aus seinem Eingangsstatement vor, das er bereits im November 2012 bei seiner Befragung im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages vorgetragen hatte. Es sei beschämend, dass der NSU solange unentdeckt geblieben ist, sagte Behrens in Düsseldorf erneut. Er sei noch immer fassungslos, dass so etwas in Deutschland geschehen konnte.

Auch auf die Fragen der NRW-Abgeordneten zu den Ermittlungen nach dem Nagelbombenanschlag 2004 in der Kölner Keupstraße antwortete Behrens ähnlich wie damals in Berlin: Politisch übernehme er die Verantwortung, persönliche Fehler habe er nicht begangen, an Details könne er sich aber nicht mehr erinnern. "Bei vielen Punkten, bei denen konkret nachgefragt wurde, hatte er Erinnerungslücken", sagte der Abgeordnete Joachim Stamp (FDP) dem WDR. "Das ist jetzt eine Zeit her, das ist nun mal so - aber nichtsdestotrotz hätte ich mir gewünscht, dass er noch etwas konkreter geworden wäre bei der Frage, wo denn tatsächlich Fehler gemacht worden sind."

Behrens: "... unsicher, was dahinter stecken könnte"

Dass er die Anschlagsopfer der Keupstraße nie besucht hat, bereute Behrens am Dienstag vor dem Düsseldorfer Ausschuss: "Das hätte ich tun sollen." Er habe damals zwar überlegt, seinen Urlaub zu unterbrechen und nach Köln zu fahren. Wegen der völlig unklaren Lage habe er davon Abstand genommen. "Wir waren uns sehr unsicher, was dahinter stecken könnte." Wie bereits 2012 im Bundestagsausschuss entschuldigte sich Behrens bei den Opfern der Kölner Bombenanschläge. Als damaliger Innenminister bedauere er, dass die Untaten des NSU in NRW nicht früher aufgedeckt worden seien. Behrens war während der Kölner Bombenanschläge von 2001 und 2004 im Amt.

Behrens wies die Behauptung empört zurück, er habe einen rechtsterroristischen Hintergrund nach dem Anschlag in der Keupstraße verneint. Er habe dies niemals ausgeschlossen. Er habe auch niemals Einfluss auf die Ermittlungen genommen. "Wir gingen damals davon aus, dass es keinen rechten Terrorismus in NRW gab. Das war auch die Einschätzung des Verfassungsschutzes." Auf dessen Angaben habe er sich verlassen.

Kritik an Kölner Ermittlern

Behrens lieferte auch eine Erklärung dafür, warum kurz nach dem Anschlag der zunächst vom LKA NRW verwendete Begriff "Terroristische Gewaltkriminalität" aus den Lagemeldungen verschwand: "Um die Ermittlungen nicht einzuschränken, sondern bewusst in alle Richtungen offen zu halten." Er selbst habe dies aber nicht veranlasst. Dennoch verteidigte er die Streichung: "Ich denke, dass es richtig war, den Begriff damals nicht weiter zu verwenden." Zum damaligen Zeitpunkt sei neben Terrorismus zum Beispiel auch ein Racheakt als Tatmotiv denkbar gewesen. Wer die Streichung veranlasst hatte, blieb weiterhin offen.

Der Ex-Innenminister wies zudem die Vermutung zurück, er habe seinen Unwillen über die Einschaltung des Verfassungsschutzes ausgedrückt. Mit seiner Frage, warum der Dienst eingeschaltet worden sei, habe er wissen wollen, ob es inzwischen entsprechende Hinweise in diese Richtung gebe. Die Konsequenz aus der jahrelang unerkannten Tatserie müsste aus Behrens' Sicht eine "bessere Verknüpfung der Erkenntnisquellen sein". Es sei für ihn bis heute schwer verständlich, dass die Kölner Ermittler damals nicht stärker in Richtung Rechtsterrorismus ermittelt hätten.

Behrens' schlechtes Gedächtnis

Auf die Frage, wie seine Bilanz der Befragung von Behrens ausfalle, antwortete der stellvertretende Vorsitzende des NSU-Ausschusses, Peter Biesenbach, dem WDR: "Das Wissen wird ein bisschen größer, allein die Fragen bleiben." Behrens habe den Eindruck nicht vermeiden können, dass der Austausch von Informationen zwischen der Kölner Polizei und dem im Innenministerium angesiedelten Verfassungsschutz damals nicht funktioniert habe. "Warum reden die miteinander, aber erzählen sich offensichtlich nichts", fragte sich Biesenbach.

Auch der Abgeordnete Arif Ünal war mit der Befragung nicht zufrieden: "Aber wir hatten auch nicht mehr erwartet, weil wir die Protokolle der Bundestagsanhörung gelesen hatten." Bei kritischen Nachfragen habe sich Behrens entweder nicht erinnern können oder keine wirklichen Antworten gegeben, sagte der Grünen-Politiker dem WDR. Ex-Innenminister Behrens hatte im Ausschuss für seine Erinnerungslücken eine eigene Erklärung: "Das Gedächtnis von Menschen ist unterschiedlich, mein Gedächtnis ist nicht sehr gut."