Kraftwerk Datteln mit den Blöcken 1 bis 3

Streit um Kraftwerke in Datteln

Eon will alte Kohlemeiler länger betreiben

Stand: 09.02.2011, 15:05 Uhr

Im Streit um das Kraftwerk in Datteln versucht Eon Druck zu machen: Solange der Betrieb der Neuanlage unklar ist, will er die drei alten Meiler länger als geplant nutzen. Grüne und der BUND bezweifeln, dass das rechtlich so möglich ist.

Von Christina Hebel

"Da nicht absehbar ist, ob das neue Kraftwerk in Betrieb gehen kann, haben wir für die Blöcke eins bis drei in Datteln die Stilllegungserklärung widerrufen", sagt Franziska Krasnici, Sprecherin der Eon-Kraftwerke in Datteln, am Mittwoch (09.02.2011). Schließlich müsse man die Versorgung der Kunden mit Fernwärme und Strom garantieren. In Datteln wird auch 20 Prozent des Stroms für die Deutsche Bahn produziert

Ursprünglich hatte sich der Energiekonzern 2006 verpflichtet, die drei Blöcke mit einer Leistung von 303 Megawatt stillzulegen, und hatte eine entsprechende Anzeige bei den Bezirksregierungen Münster und Arnsberg abgegeben. Dies habe man, so Krasnici, natürlich im Hinblick auf den Neubau von "Datteln 4" getan. Das neue Kraftwerk hätte die drei alten Anlagen bis Ende 2012 ersetzen sollen. Deshalb durfte Eon die Blöcke auch ohne nachträgliche Filtereinbauten weiter betreiben.

Widerrufen der Stilllegung rechtens?

Am 6. Oktober 2010 habe Eon seine Stilllegungserklärung widerrufen, sagte die Sprecherin. Zudem habe man die alten Blöcke aus den Jahren 1964 und 1969 mittlerweile mit neuen Filteranlagen ausgerüstet, um gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Ein "einstelliger Millionen-Euro-Betrag" sei investiert worden. Für die Nachrüstuing habe der Konzern nach der Übergangsregelung für Altanlagen der Bundes-Immissionsschutzverordnung bis Ende 2010 Zeit gehabt, so Eons Lesart.

Das Unternehmen sei fest entschlossen, die alten Meiler weiter zu nutzen, so Krasnici. Dabei stützt sich der Konzern auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Professor Hand D. Jarass, Universität Münster, das er in diesen Tagen abschließt. Darin kommt er zu dem Schluss, dass der Widerruf der Stilllegungserklärung von Eon "zulässig und wirksam" ist.

BUND: Eon baut "Horrorszenario" auf

So einfach sei das nicht, sagt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland in NRW: Nach dessen Rechtsauffassung hätte Eon bereits bis 2007 seine drei alten Kohlemeiler nachrüsten müssen. "Der Widerruf ist also gar nicht möglich", sagt Geschäftsführer Dirk Jansen. Zudem habe die Stilllegungserklärung mit dem Neubau nichts zu tun, die habe Eon so oder so abgeben müssen. "Und damals hat Eon überhaupt noch keine Genehmigung für das neue Kraftwerk gehabt. Die haben hoch gepokert." Außerdem male der Konzern ein "Horrorszenario" auf, wenn er sage, es gebe ohne "die alten drei Möhren" Probleme bei der Energieversorgung.

Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen sagte: "Die In-Betriebsnahme und Außer-Kraftnahme von Kraftwerken ist keine Wunschveranstaltung." Ob das überhaupt geht, dass Eon fünf Jahre, nachdem es die Betriebserlaubnis für Ende 2012 erlöschen lassen und nachdem es "woanders Planungsmurks gemacht" hat, nun hingeht und auf einmal erklärt, wir machen das wieder rückgängig - "da habe ich meine Zwiefel".

Umweltministerium wertet eigenes Gutachten aus

Bisher steht eine Bestätigung für die verlängerte Betriebserlaubnis der Alt-Blöcke durch die Bezirksregierungen noch aus. Derzeit werde, so sagte der Sprecher des Landesumweltministeriums, ein mit den Bezirksregierungen in Auftrag gegebenes eigenes Gutachten ausgewertet. Wann das Ergebnis vorliege, sei nicht klar.

Die Inbetriebnahme des fast fertigen, neuen Kraftwerks "Datteln 4" derzeit nicht absehbar. Im September 2009 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster den Bebauungsplan des neuen, fast fertigen Kraftwerks für unwirksam erklärt. Die Stadt habe Vorgaben zum Naturschutz und zum Schutz der Bevölkerung nicht ausreichend beachtet, begründeten die Richter. Die Folge: Die Arbeiten wurden in einigen Bauabschnitten gestoppt. Die rot-grüne Landesregierung hatte immer wieder erklärt, man werde für das Projekt kein Landesrecht verbiegen. Derzeit lässt der Regionalverband Ruhr in einem Gutachten prüfen, ob ein so genanntes Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden kann. Mit einem solchen Verfahren könnte das Kraftwerk doch noch abgesegnet werden, auch wenn es gegen Ziele der Raumordnung verstößt.