Prozessbeginn um Mord in Neusser Jobcenter

Angeklagter weint vor Gericht

Tote Jobcenter-Mitarbeiterin

Stand: 07.03.2013, 16:34 Uhr

Im Prozess um den mutmaßlichen Mord an einer Mitarbeiterin im Jobcenter von Neuss ist der Angeklagte am Donnerstag (07.03.2013) in Tränen ausgebrochen. Zwei Polizeibeamte hatten geschildert, wie herzlos der Mann in den ersten Vernehmungen gewirkt hatte.

Während Beamte schilderten, wie selbstbezogen der 52-Jährige nach der Tat auf sie gewirkt habe, weinte der schmächtige Mann im Düsseldorfer Landgericht still vor sich hin. Er soll im vergangenen September mit einem Fleischermesser seine Sachbearbeiterin im Jobcenter erstochen haben, weil er der Behörde den Missbrauch seiner persönlichen Daten unterstellte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Arbeitslosen heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen vor.

"Er selbst fühlte sich mehr verletzt"

"Mein Herz hat geblutet, meine Wut kochte, ich wollte Rache", habe er gesagt. Allerdings habe der 52-Jährige auch mehrfach versichert, dass er die Frau nicht töten wollte, berichtete ein Vernehmungsbeamter. Er habe sie verletzen wollen um zu zeigen, dass man ihn nicht betrügen dürfe. Sein Herz habe geblutet, deswegen habe jemand anders auch bluten sollen. "Er selbst fühlte sich mehr verletzt, hat ständig von der Schnittwunde an seinem kleinen Finger gesprochen", schilderte ein Beamter. Als er dem 52-Jährigen vorhielt, dass sein Opfer ein Kind hinterlasse, habe der geantwortet: "Ich habe fünf Kinder." Auf die Frage, ob alles nicht nur ein Missverständnis sei, habe der Mann lange geschwiegen und sei offenbar ins Grübeln gekommen, so der der Polizist. "Er zeigt einen schlichten Charakter und eine einfach strukturierte Persönlichkeit", notierte der Beamte damals.

Geht es nach den Verteidigern, dürften diese Aussagen aus der Vernehmung nicht verwertet werden. Dem Angeklagten sei bei der ersten Vernehmung verschwiegen worden, dass das Opfer gestorben sei, bei der zweiten Vernehmung sei er nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden, kritisierte Rechtsanwalt Gerd Meister. Die beiden Vernehmungsbeamten hatten dies zuvor bestritten. Der Verdächtige sei mehrfach belehrt worden, auch darüber, dass es um ein Tötungsdelikt gehe, sagten sie im Zeugenstand.

Lange Haftstrafe droht

Die Verteidiger argumentierten darüber hinaus, ihr Mandant aus Marokko spreche kaum Deutsch und habe die Erklärung schlicht nicht verstanden. Ein Sachverständiger hatte dem Angeklagten eine deutlich verminderte Intelligenz mit einem Intelligenzquotienten von 75 attestiert. Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit hatten die Gutachter nicht feststellen können. Das Gericht hatte dem Angeklagten bereits mitgeteilt, dass er zusätzlich zur Verurteilung wegen Mordes auch mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld rechnen müsse.