Jobcenter-Mitarbeiterin in Neuss erstochen

Sicherheitvorkehrungen verschärfen

Attacke in Jobcenter soll Konsequenzen haben

Stand: 05.10.2012, 13:26 Uhr

Der Mord an einer Jobcenter-Mitarbeiterin in Neuss hat Behördenleiter und Belegschaft aufgeschreckt. Beschäftigte der Arbeitsverwaltung haben Angst vor Nachahmungstätern. Die Sicherheit soll nun verbessert werden. Am Freitag (05.10.2012) fand die Trauerfeier für die getötete Arbeitsvermittlerin statt.

Als Konsequenz aus der Bluttat von Neuss sollen die Sicherheitsvorkehrungen in der Arbeitsverwaltung verschärft werden. Für solche Maßnahmen seien jeweils die Jobcenter vor Ort zuständig, erklärte Anke Trimborn von der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit. Bei einer Versammlung der Geschäftsführer der einzelnen Arbeitsämter seien "Sicherheitsaspekte", wie verbesserte Fluchtwege durch zwei Zugangstüren in die Büros der einzelnen Sachbearbeiter, diskutiert worden.

Im Gespräch ist den Angaben zufolge auch, mit dem bereits vorhandenen Notfallknopf am PC-Arbeitsplatz der Jobcenter-Mitarbeiter künftig nicht nur Kollegen im Nebenbüro, sondern sofort direkt die Polizei zu alarmieren. Diese und andere Vorschläge würden geprüft, sagte Trimborn.

Drohungen im Internet und am Telefon

Am 26. September 2012 war eine 32-jährige Mitarbeiterin eines Neusser Jobcenters von einem Kunden niedergestochen worden. Den Notfallknopf konnte sie nicht mehr drücken. Sie starb an den schweren Verletzungen. Die Frau war offenbar ein Zufallsopfer. Der mutmaßliche Täter wollte eigentlich einen anderen Mitarbeiter aufsuchen, um sich über die Weitergabe seiner Meldedaten zu beschweren. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt gegen den 52-jährigen inhaftierten Tatverdächtigen wegen Mordes.

Neue Drohungen sorgten nach der Messerattacke für Aufregung. Ein 48-Jähriger rief am Montag (01.10.2012) im Mönchengladbacher Jobcenter an und drohte laut Polizei, mit einer Schusswaffe im Amt vorbeizukommen. Das Jobcenter wurde vorübergehend geschlossen, der Drohanruf stellte sich jedoch als schlechter Scherz heraus. Die Polizei ermittelt gegen den 48-Jährigen, bei dem keine Waffe gefunden wurde. Auch in Internet-Foren und in Mails sollen Behördenmitarbeiter bedroht worden sein.

Gedenkstelle zerstört

In der Nacht auf den 28. September hatten Unbekannte eine von Angehörigen geschaffene kleine Gedenkstelle am Jobcenter in Neuss zerstört. Das Foto des Mordopfers war mit dem Schriftzug "Eine Deutsche weniger" beschmiert worden. Von Trauernden abgelegte Blumen wurden zertrampelt. "Die Ermittlungen dazu dauern an. Es gibt noch keinen Tatverdächtigen", sagte der Neusser Polizeisprecher Hans-Willi Arnold.

Christoph Janßen, beim Neusser Jobcenter zuständig für Presseanfragen und "Kundenreaktionsmanagement", berichtet, dass die Behörde einen Sicherheitsdienst mit der Bewachung der Arbeitsagentur-Filialen in der Stadt betraut habe. "Je nach Bedarfsfall werden die Sicherheitsleute eingesetzt." Zur zahlenmäßigen Stärke des Security-Personals wollte der Pressesprecher nichts sagen. Aus dem Umfeld des Jobcenters hieß es, einige Mitarbeiter fühlten sich bedroht und unsicher.

Guntram Schneider

Arbeitsminister Guntram Schneider rügt Mittelkürzungen durch den Bund

Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) forderte am Donnerstag (04.10.2012) in einem schriftlichen Bericht an den Sozialausschuss des NRW-Landtags, die Jobcenter sollten eine "offene Anlaufstelle" bleiben und dürften nicht zum "Hochsicherheitstrakt" werden. Zugleich müssten die "berechtigten Sicherheitsinteressen der Beschäftigten Berücksichtigung finden". Schneider rügte Mittelkürzungen durch den Bund. Diese Streichungen würden "Sicherheitsmaßnahmen häufig erschweren".

Trauerfeier in Düsseldorf

In Düsseldorf fand am Freitag (05.10.2012) die Trauerfeier für die getötete 32-Jährige statt. Rund 350 Trauergäste gaben der Verstorbenen das letzte Geleit. Darunter waren neben Familienangehörigen und Arbeitskollegen auch Vertreter aus Verwaltung und Politik anwesend. Peter Clever, Verwaltungsratschef der Bundesagentur für Arbeit, würdigte die Getötete als "liebenswerte und durchweg positiv denkende Mitarbeiterin, die durch ihre Lebenskraft, Stärke und Einfühlungsvermögen ein Vorbild" gewesen sei.

Für alle Arbeitsagenturen und Jobcenter war Trauerbeflaggung angeordnet worden. Die Dienststellen des Jobcenters Rhein-Kreis Neuss blieben geschlossen.