Eine Frau mit Kopftuch demonstriert, im Hintergrund Militär

Tunesien-Urlauber fliegen vorzeitig nach Hause

Überstürzte Abreise aus Tunesien

Stand: 16.01.2011, 16:58 Uhr

Die meisten sind erleichtert, manche verärgert: Am späten Freitagabend (14.01.2011) kehrten rund 100 Touristen vorzeitig aus Tunesien nach Düsseldorf zurück. Ihr Reiseveranstalter organisierte den Heimflug - zur Sicherheit der Kunden.

Von Christian Herrmanny

Augenblicke der Freude am Flughafen Düsseldorf: Viktor Schmickers schließt seine Familie in die Arme. Er ist froh, wieder in Deutschland zu sein. Noch am späten Nachmittag hatte der Urlauber nicht im Traum daran gedacht, nur wenige Stunden später schon wieder nach Hause zu kommen. "Wir hatten drei Wochen gebucht, das war unser Jahresurlaub. Jetzt waren wir nur fünf Tage in Tunesien. Aber wenn man hört, was da alles passiert ist, dann ist man natürlich froh, wieder hier zu sein", sagt der Mann aus Kleve. Deutliche Kritik allerdings übt er an der schleppenden Information seines Reiseveranstalters: "Wir haben erst zehn Minuten vor Abfahrt des Busses erfahren, dass wir packen müssen", ärgert sich Viktor Schmickers.

Kritik an Reiseveranstaltern

Touristin Karin Adler saß ebenfalls im Airbus AB 4701 von Djerba nach Düsseldorf. "Natürlich waren alle sehr angespannt und aufgeregt", sagt sie und berichtet ebenfalls, dass sämtliche Urlauber "mit Kind und Kegel binnen Minuten das Hotel verlassen" mussten. Zahlreiche Urlauber allerdings hätten nicht mit der Sondermaschine nach Hause fliegen können. "Für die Zurückgebliebenen tut es mir leid. Wir hatten Glück", so Karin Adler. Trotz der sicheren Heimkehr ist sie mit ihrem Reiseveranstalter unzufrieden: "Wir sind erst am Montag nach Tunesien geflogen, da waren die Unruhen doch schon bekannt. Dass man uns die Reise nicht aus Sicherheitsgründen abgesagt hat und uns nicht informiert hat - da fühlen wir uns im Stich gelassen."

Unwirkliche Szenen in Djerba

Einige Heimkehrer berichten ihren Angehörigen und den wartenden Journalisten von unwirklichen Szenen rund um Djerba. Einerseits sei es wegen der Ausgangssperre beängstigend ruhig gewesen, andererseits hätten überall Soldaten mit Maschinenpistolen gestanden. Von den Massenprotesten und den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei hätten die Urlauber aber nichts mitbekommen. "Die Informationen liefen nur über Mund-zu-Mund-Propaganda", sagt ein Tourist aus dem Ruhrgebiet. Wirklich in Sorge gerieten die meisten erst, als sie ihr Urlaubsland fluchtartig verlassen sollten.

Selbst nach dem Attentat 2002 "wohl und sicher" gefühlt

"Wir haben doch zunächst gar nichts mitbekommen. Erst, als ich im Taxi zum Flughafen saß, habe ich die Militärpräsenz gesehen", erzählt Hans aus Essen. Der 75-Jährige wollte eigentlich sechs Wochen Urlaub in Tunesien machen, jetzt musste er bereits nach einer Woche zurückkehren. "Das ist sehr ärgerlich. Ich wäre gerne da geblieben." Hans hatte bereits das Attentat in Djerba 2002 als Tourist miterlebt. "Aber auch damals habe ich davon kaum was mitbekommen. Ich habe mich immer wohl und sicher gefühlt", sagt er. Das Auswärtige Amt rät hingegen dringend dazu, im Hotel zu bleiben.

Reiseveranstalter setzen Sondermaschinen ein

Am Sonntag meldeten die großen Reiseveranstalter, dass nahezu alle deutschen Tunesien-Urlauber wieder in Deutschland sind. Sondermaschinen mit den verbliebenen 1.100 Touristen sollten bis Sonntagabend in Deutschland landen. Thomas Cook, TUI und Rewe Touristik hatten am Sonntag noch insgesamt sieben Sonderflüge mit deutschen Urlaubern geplant. Rewe Touristik hatte nach eigenen Angaben mit 30 unwilligen Senioren zu kämpfen, die ihren Urlaub nicht abbrechen wollten. 23 von ihnen hätten doch noch überzeugt werden können - die Sorge um das Sicherheitsrisiko und mögliche Zusatzkosten hätten letztlich den Ausschlag gegeben. TUI sagte wie Rewe-Touristik alle geplanten Flüge nach Tunesien bis einschließlich 24. Januar ab. Thomas Cook hat das Reiseziel bis zum 21. Januar aus seinem Angebot gestrichen.

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