Düsseldorfer Landtag

Haushalt mit neuer Rekordverschuldung

Opposition klagt gegen Nachtragsetat

Stand: 16.12.2010, 15:53 Uhr

Mit den Stimmen der rot-grünen Minderheitsregierung hat der NRW-Landtag am Donnerstag (16.12.2010) den Nachtragshaushalt 2010 beschlossen. Die Opposition will den Etat nun per einstweiliger Anordnung verhindern.

Das kündigten CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann und FDP-Fraktionschef Gerhard Papke am Donnerstag (16.12.2010) unmittelbar nach der Verabschiedung des Nachtragsetats im Landtag an. Die Opposition hält die Rekordverschuldung in Höhe von 8,4 Milliarden Euro für verfassungswidrig. Die Opposition betrete verfassungsrechtlich Neuland, weil sie beim Landesverfassungsgericht in Münster auch eine einstweilige Anordnung gegen den Haushaltsvollzug beantragen werde, sagte Papke.

SPD und Grüne hatten zuvor für den Etat gestimmt. CDU und FDP lehnten den Nachtrag ab. Für alle überraschend stimmten sechs Abgeordnete der Linkspartei zu - aus Versehen wie später klar wurde. Vier enthielten sich.

Höchste Neuverschuldung aller Zeiten

Mit einem Nachtragshaushalt passt eine Regierung die Finanzplanung für das laufende Jahr an die Realität an. Der Haushalt für 2010 war noch von der abgewählten Regierung Rüttgers aufgestellt worden. Der damalige Finanzminister Helmut Linssen (CDU) hatte mit 6,575 Milliarden Euro an neuen Schulden kalkuliert. Die neue Landesregierung erhöhte die Neuverschuldung um 1,8 Milliarden auf über 8,4 Milliarden Euro. Es ist die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes.

CDU: "Überhaupt nicht notwendig"

Angesichts des Wirtschaftsaufschwungs sei die massive Ausweitung der Nettoneuverschuldung überhaupt nicht notwendig, sagte CDU-Fraktionschef Laumann. SPD-Fraktionschef Norbert Römer hingegen bezeichnete den Etat als "Schlussbilanz" der Regierung Rüttgers. CDU und FDP hätten wichtige landespolitische Aufgaben unterfinanziert oder zwingende Ausgaben nicht im Haushalt aufgeführt. Die Koalition leiste "Aufräumarbeiten" im bevölkerungsreichsten Bundesland, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Reiner Priggen. Schwarz-Gelb habe absehbare Risiken etwa für den Ausbau der Kitaplätze einfach nicht im Haushalt verankert. Die abgewählte Regierung Rüttgers sei für einen "Raubzug" durch die Kommunen verantwortlich.

Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht gestört?

Warum Schwarz-Gelb den Nachtragshaushalt stoppen will, erläuterte am Mittwoch (15.12.2010) der Finanzexperte der CDU, Christian Weisbrich. Der Haushalt stehe im Widerspruch zur Landesverfassung, weil die Neuverschuldung die Investitionen deutlich überstiegen, sagte er. Mehr Schulden als Investitionen sind nach der Verfassung nur dann erlaubt, wenn eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" vorliegt. Das jedoch sei nicht mehr der Fall, meint Weisbrich und verweist auf das Wirtschaftswachstum und die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Garantiefonds für die WestLB

Die höheren Schulden seien "unnötig", sagt Weisbrich, und sie dienten nur einem Zweck: "Um Winterspeck bis zum Ende der Wahlperiode anzusetzen, um sich damit die Gunst der Linken zu erkaufen."

Dem hält NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) entgegen, dass ein Großteil der neuen Schulden - nämlich 1,3 Milliarden Euro - in einen Garantiefonds für die angeschlagene WestLB fließe. Dieser Fonds zur Absicherung zu erwartender Verluste der nordrhein-westfälischen Landesbank sei von der alten Landesregierung mit viel zu wenig Kapital ausgestattet worden, argumentiert er. Angesichts der drohenden Klage von CDU und FDP gab sich der Finanzminister gelassen. "Ich sehe den Drohungen der Opposition gelassen entgegen. Seit ihrer Wahlschlappe im Mai verlegt sie die Auseinandersetzung vom Parlament in die Gerichtssäle. Ich bin von der Übereinstimmung des Nachtragshaushalts mit Artikel 23 der Landesverfassung überzeugt."

Der Nachtragsetat 2010 im Überblick

Zusätzliche Posten unter anderem:

  • 1,3 Milliarden Euro für WestLB-Risikopapiere
  • 150 Millionen Euro für den Ausbau der U3-Kinderbetreuung
  • 375 Millionen Euro als Rücklage für die umstrittene Beteiligung der Kommunen an den Kosten der deutschen Einheit
  • 300 Millionen Euro Rückerstattung für die Kommunen
  • 236 Millionen Euro zur Wohngeldentlastung der Kommunen