Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat für die NRW-Wahl, Jürgen Rüttgers, bei einer Pressekonferenz

Rüttgers spricht von Negativ-Kampagne

Neue Finanzaffäre bei NRW-CDU?

Stand: 03.05.2010, 20:55 Uhr

Eine Woche vor der NRW-Landtagswahl gerät die CDU wegen einer neuen Finanzaffäre unter Druck. Die Partei soll im letzten Wahlkampf eine angeblich unabhängige Wählerinitiative finanziert haben. Rüttgers kritisierte die Vorwürfe als Negativ-Kampagne.

"Wir haben es in diesem Wahlkampf mit einer Form des Negative Campaigning zu tun, die ich so in Deutschland noch nicht erlebt habe", wird NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) im "Spiegel" (03.05.2010) zitiert. Das Nachrichtenmagazin hatte am Wochenende in seiner Online-Ausgabe über neue Vorwürfe der illegalen Parteifinanzierung berichtet. Demnach soll die NRW-CDU im Landtagswahlkampf 2005 insgesamt 40.000 Euro an eine Frankfurter Werbeagentur gezahlt haben, die dafür eine angeblich von der Partei unabhängige Wählerinitiative aufbaute.

Die Gruppe namens "Wähler für den Wechsel" habe Geld für Zeitungsanzeigen zugunsten des Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers gesammelt, ohne dass darin ein Bezug zur Partei hergestellt wurde. Daher prüfe nun die Bundestagsverwaltung, ob die Verbindung zwischen Partei und Initiative so eng war, dass die Einnahmen der Gruppe als Gelder der Union zu werten sind und im Rechenschaftsbericht für das Jahr 2005 hätten auftauchen müssen.

Bundestagspräsident ermittelt

Die Berichterstattung sei neu, aber der Vorgang nicht, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Montag (03.05.2010) im Deutschlandfunk. Er bestätigte, dass er wegen Vorwürfen illegaler Parteienfinanzierung gegen die nordrhein-westfälische CDU ermittele: "Wie immer in solchen Fällen prüfen wir, sobald wir Anhaltspunkte für mögliche Verstöße gegen das Parteiengesetz haben. Diese Prüfung ist längst eingeleitet. Und wie in allen vergleichbaren Fällen äußere ich mich über den Sachverhalt erst dann, wenn die Prüfung abgeschlossen ist."

Krautscheid räumt Fehler ein

Dass es sich hier um illegale Parteifinanzierung handelt, davon gehen laut "Spiegel" mittlerweile selbst enge Rüttgers-Berater aus, die nun mit einem Strafgeld für die CDU rechnen. "Man kann juristisch durchaus die Ansicht vertreten, dass die Praxis bedenklich war", wird CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid zitiert. "Damals hat man geglaubt, das gehe so; heute muss man das juristisch vielleicht anders sehen."

Die CDU wollte sich am Montag nicht mehr zu dem Thema äußern. Es sei alles gesagt, so Axel Bäumer, Sprecher der Partei, zu WDR.de. Am Samstag (01.05.2010) hatte er Krautscheids Äußerungen bestätigt und gesagt, er denke nicht, dass der Generalsekretär damit einen Fehler der Partei eingeräumt habe. Ende April hatte Krautscheid Anschuldigungen wegen unkorrekt verbuchter Spenden noch als "Verleumdung" bezeichnet.

Bezahltes Engagement?

Die Initiative "Wähler für den Wechsel" setzte sich im NRW-Wahlkampf 2005 mit ganzseitigen Zeitungsseiten für den Oppositionsführer Rüttgers ein. Das Parteilogo CDU tauchte dabei nicht auf. Im "Spiegel" berichten "Wähler für den Wechsel" - unter anderem der frühere Präsident des Deutschen Bauernverbands Constantin Freiherr Heeremann von Zuydtwyck - wie sie für die Aktion von der Agentur angeworben worden seien.

Rüttgers: "Ehrenamtlich engagiert"

Rüttgers räumte im "Spiegel"-Interview zwar ein, dass die CDU eine Medienagentur bezahlt habe. Eine solche Wählerinitiative habe es aber in allen Wahlkämpfen immer wieder gegeben. Die Menschen hätten sich damals "ehrenamtlich mit dem Ziel engagiert, dass es in Nordrhein-Westfalen einen Neuanfang gibt", so Rüttgers. Auf den Hinweis, dass die gesammelten Gelder nicht als Einnahmen im Rechenschaftsbericht aufgeführt worden seien, obwohl es sich offensichtlich um eine CDU-Initiative gehandelt habe, antwortete Rüttgers: "Das war nicht so. Aber wir lassen das sicherheitshalber gerade vom Bundestagspräsidenten prüfen."

Merkel: Transparenz ist richtig

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht derzeit derweil keine Notwendigkeit, der NRW-CDU beizuspringen. Der Landesverband habe die Aufklärung selbst aktiv betrieben, sagte Merkel am Montagabend im ZDF. Sie fügte hinzu, es sei der "richtige Weg", Transparenz in die Vorwürfe hineinzubringen. Daher brauche sie nicht einzugreifen.

Den Vorwurf, dass die Bundes-CDU mit schuld sei am Vertrauensverlust der Partei in NRW, wollte Merkel nicht kommentieren. Auf die Frage, ob sie auch mit einer großen Koalition in Düsseldorf leben könnte, sagte sie: "Wir kämpfen für die Fortsetzung der christlich-liberalen Koalition in Düsseldorf, in Nordrhein-Westfalen, und davon werde ich keinen Millimeter abweichen."