Glaubensgemeinschaft der Sikhs während eines Gottesdienstes im Gurdwara-Tempel Köln

Drei von vier Bürgern in Religionsgemeinschaften

NRW ist multi-gläubig

Stand: 21.06.2006, 14:20 Uhr

Die Menschen in NRW werden zwar nicht gläubiger, aber die Vielfalt der religiösen Richtungen nimmt zu. Das geht aus der bundesweit einzigartigen Studie des Religionswissenschaftlichen Instituts der Ruhruniversität Bochum hervor.

In NRW leben Mitglieder von 230 verschiedenen religiösen Gemeinschaften und Strömungen. Damit sind drei von vier Bürgern in Religionsgemeinschaften organisiert. Die größte Gruppe bilden die Katholiken mit 42 Prozent der Gläubigen. Das ist im Bundesvergleich überdurchschnittlich. Gleichzeitig leben in NRW ungewöhnlich viele Muslime, etwa ein Drittel der bundesweit drei Millionen. Für Zugewanderte sei Religion ein wichtiger Identitätsfaktor, so der Düsseldorfer Religionswissenschaftler Volkhard Krech. Bei sozialen Problemlagen wachse ihre Bedeutung. Von den Zuwanderern und Aussiedlern engagieren sich 43 Prozent in religiösen Organisationen, bei den Muslimen sogar jeder Zweite. Bei den beiden großen christlichen Kirchen gehören nur 15 bis 20 Prozent zu deren aktiven Kernmitgliedern.

Religion als Identitätsfaktor?

Religion kann die Integration jedoch auch hemmen. Darauf weist der NRW-Integrationsbeauftragte Thomas Kufen (CDU) hin. Die Gefahr von Aus- und Abgrenzung zu überwinden, sei die zentrale Herausforderung für das Einwanderungsland NRW. Die rechtsstaatliche Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft wäre ein wichtiger Beitrag zur Integration, betonte Krech. Mit dieser Frage ist gegenwärtig das Oberverwaltungsgericht Münster befasst. Besondere Bedeutung hat die Entscheidung vor allem für die Einführung des Islamunterrichts als ordentliches Unterrichtsfach an öffentlichen Schulen.

Probleme an Schulen

"Religionskonflikte sind überwiegend Schulkonflikte", stellt Krech fest. Bei den Rechtsstreitigkeiten gehe es um die allgemeine Schulpflicht, das Recht auf Hausunterricht, Kopftuch tragende Lehrerinnen oder die Befreiung vom Schwimmunterricht. Viel kulturelles Konfliktpotenzial gebe es außerdem beim Thema Schächten und beim Moscheenbau.
Die größte Religionsvielfalt gibt es im Ruhrgebiet und entlang der Rheinschiene. Ländliche Gegenden sind dagegen überwiegend von einer Konfession geprägt, etwa das katholische Münster- und Sauerland oder das protestantische Ostwestfalen. Islamische Gemeinschaften sind besonders stark in Duisburg, Hamm und Gelsenkirchen vertreten. Jüdische Gemeinden haben nur einen Anteil von 0,2 Prozent an den Religionsgemeinschaften in NRW. Esoterische und neue Religionen nehmen 0,5 Prozent ein. Solche Gruppen finden sich häufig in der Eifel und entlang der Rheinschiene.