russischsprachige Tageszeitung "Rheinskaja Gazeta" (Rheinische Zeitung)

Russische Tageszeitung für NRW

Druckerzeugnisse für Deutschrussen

Stand: 05.03.2007, 06:00 Uhr

Wer russische Zeitungen, Kulturzeitschriften oder Klatschblätter mit dem unvermeidlichen Horoskop lesen will, der wird in NRW gut bedient. Jetzt kommt eine neue Tageszeitung hinzu. Lesen sich die Einwanderer in eine Parallelgesellschaft?

Die Regale des russischen Supermarkts "Gastronom" in Köln-Ehrenfeld geben viel her: Auf kleinstem Raum tummeln sich hier Gläser mit Salzgurken, Wurstwaren, Bücher, CDs und Souvenirs aller Art. Dazwischen ein Ständer voller bunter Zeitungen in russischer Sprache aus Deutschland. "Partner", "Kontakt", "Der Umsiedler" und "Landsmänner", so einige der kyrillischen Titel. Diejenigen, die sich hier nach Feierabend mit russischer Kondensmilch und Räucherfisch eindecken, haben die Verbindung zu ihrer alten Heimat noch nicht verloren.

Doch heißt es auch, dass russische Zeitungen hier Hochkonjunktur haben? "Nur wenige kaufen hier eine Zeitschrift", - sagt die junge Verkäuferin Natalia Georgiadse. "Warum auch kaufen, wenn es doch so viele kostenlose Zeitungen gibt?" Sie zeigt auf ein Gemüseregal im Eingangsbereich auf der einige Stapel mit kostenlosen Zeitschriften in russischer Sprache ausliegen. Einer russischen Tageszeitung wie "Rheinskaja Gazeta" steht die 25-jährige Russin eher skeptisch gegenüber: "An sich ist es vielleicht eine gute Sache, aber wer soll es denn täglich kaufen? Obwohl... da in NRW so viele Russen leben, werden sich vielleicht doch genügend Leser finden."

Sprache entscheidet über Lesegewohnheit

Anastasia Kuschel ist eine Spätaussiedlerin. Vor 15 Jahren ist sie mit ihrer Familie aus Kasachstan nach Deutschland gekommen und fühlt sich nun weitgehend integriert. Um sich zu informieren, liest sie meist die "Süddeutsche" oder auch die "Frankfurter Allgemeine". "Aber nur am Wochenende", lacht die 29-Jährige. "Für Wochentage ist sie mir zu dick!" Russische Zeitungen liest Anastasia kaum. Nicht weil sie keinen Bezug mehr zu ihrer Heimat hat - als Projektkoordinatorin bei InWent arbeitet sie eng mit Russland zusammen. Für sie sind es nicht etwa der Bildungsstand oder Anbindung an das Herkunftsland, die über die Mediennutzung entscheiden, sondern allein die Sprachkenntnisse: "Meine Eltern tun sich noch etwas schwer mit deutschen Medien und lesen gern russischsprachige Zeitungen. Auch im Fernsehen schauen sie sich, seitdem sie eine Satellitenschüssel haben, nur russische Programme an. Meine Großeltern dagegen schauen nur deutsche Sendungen - sie haben schon in Kasachstan viel Deutsch gesprochen."

Parallelgesellschaft durch Zeitungen?

Deutsch kann auch Greta Ionkis - die 70-jährige Russischjüdin hat Deutsch in ihrer Heimat Moldawien studiert. Trotzdem liest sie ab und zu russischsprachige Zeitungen, um sich über das russische Leben in Deutschland zu informieren.
"Ich denke nicht, dass solche Zeitungen zur Bildung einer Parallelgesellschaft in Deutschland beitragen. Schließlich machen Zeitungen wie 'Rheinskaja Gazeta' ihre Leser mit dem Leben hier - in Deutschland und NRW vertraut und tragen damit sogar zu Integration bei. Viel gefährlicher sind da die Satellitenschüsseln, die zu Hunderten aus den Fenstern der Hochbausiedlungen sprießen. Sie liefern oft leichte und billige Unterhaltung in der Muttersprache und schaffen so auch ein falsches Bewusstsein bei vielen Migranten - egal ob russisch- oder türkischsprachigen."
Die Idee, aus der wöchentlichen "Rheinskaja Gazeta" eine Tageszeitung zu machen, begrüsst Ionkis grundsätzlich. Abonnieren würde sie die Zeitung aber nicht: "Ich glaube, es wird schwierig sein, täglich anspruchsvolle Inhalte zu liefern. Außerdem kann ich es mir von meinem Arbeitslosengeld II einfach nicht leisten", bemerkt die ehemalige Philologieprofessorin nüchtern.

Zielgruppe: ältere Einwanderer

Wenn russische Zeitschriften in Köln-Ehrenfeld sich keiner allzu großer Nachfrage erfreuen, gibt es dafür also einfache Gründe: "Junge Menschen können meist Deutsch und benutzen deutsche Medien. Oder sie holen sich ihre Informationen aus dem Internet", sagt Natalia Georgiadze - die Verkäuferin im russischen Laden. "Ich denke, dass nur die Älteren wegen der mangelnden Sprachkenntnisse auf solche Zeitungen angewiesen sind. Aber sie haben oft keine Arbeit und kein Geld. Ohne sie werden es russischsprachige Zeitungen schwer haben."