Strahlende Ölquellen - Teil 3

Eine globale Umweltkatastrophe

Stand: 07.12.2009, 02:00 Uhr

Die Entsorgung der schädlichen Stoffe stellt an sich kein großes Problem dar, denn es handelt sich hier grundsätzlich um schwach radioaktives Material. Allerdings geht es um gewaltige Mengen und damit um Kosten in vielfacher Milliardenhöhe.

Schon allein die Tatsache, dass die Öl- und Gasindustrie das Problem der radioaktiven Abfälle bis heute vor der Öffentlichkeit verschwiegen hat, lässt nichts Gutes ahnen - insbesondere, was die Entsorgung dieser Stoffe angeht.

An sich stellt die Entsorgung kein großes Problem dar, denn es handelt sich hier grundsätzlich um schwach radioaktives Material. Allerdings geht es um gewaltige Mengen. Die sichere Entsorgung allein der Schlämme und "Scales" zum Beispiel in unterirdischen Stollen (wie seit Kurzem in Norwegen) würde jährlich weltweit zig Milliarden Euro kosten.

Kaum Regeln für die Entsorgung

Es ist daher nachvollziehbar, dass die Industrie die Mengen, wie in Deutschland, herunterrechnet, um damit die ohnehin lockeren Regeln der Strahlenschutzverordnung zu umgehen. Da die Unternehmen die Erfassung und Messung in Eigenregie vornehmen, besteht auch kaum eine Möglichkeit, dieses Herunterrechnen zu unterbinden. In vielen anderen Ländern, in denen wesentlich mehr Öl und Gas, und damit auch wesentlich mehr NORM-Rückstände (NORM = Naturally Occurring Radioactive Material) produziert werden, gibt es überhaupt keine oder nur sehr lockere Regeln für den Umgang und die Entsorgung.

Fußballtore aus radioaktiv kontaminierten Rohren

So werden zum Beispiel in Großbritannien bis heute die radioaktiven NORM-Abfälle und Abwässer von den Förderinseln in der Nordsee direkt ins Meer "entsorgt". Ein EU-Bericht hat die Öl- und Gasindustrie als einen der größten Verursacher für die radioaktive Belastung der Nordsee ausgemacht - noch weit vor den Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague. In den USA wurden über Jahre hinweg NORM-Abfälle aus der Öl-Industrie per "Landspreading" oder "Landfarming" entsorgt - was nichts anderes meint, als dass die radioaktiven Schlämme und "Scales" einfach auf die Felder gekippt wurden. Radioaktive kontaminierte Rohre wurden an Kindergärten und Sportvereine verschenkt, die daraus Klettergerüste und Fußballtore bauten.

Hauptursache für die Strahlenbelastung

Altlasten dieser und anderer Art stellen ein weiteres Problem dar. Die Beseitigung der strahlenden Überreste aus über 100 Jahren Öl- und Gasförderung dürfte hunderte von Milliarden kosten - wenn sie denn überhaupt möglich ist. Denn vielfach weiß niemand mehr, wo die NORM-Stoffe und der kontaminierte Stahl überhaupt gelandet sind. Schließlich wurde das Problem von der Ölindustrie überhaupt erst Anfang der 80er Jahre als solches erkannt. In manchen Ländern, wie zum Beispiel Russland, Kasachstan oder Aserbaidschan fehlt bis heute jedes Bewusstsein für die Gefahren durch die radioaktiven Rückstände aus den Öl- und Gasfeldern. In Kasachstan ist bereits ein Gebiet von der Größe der Bundesrepublik radioaktiv verseucht. Obwohl dort rund 500 teils überirdische Atombombentests stattfanden, gelten nach Ansicht von Experten die Hinterlassenschaften der Öl- und Gasindustrie als Hauptursache für die Strahlenbelastung der dortigen Bevölkerung.

Halbwertzeit von 1.600 Jahren

Das liegt auch daran, dass das Radium 226 in den NORM-Stoffen der Ölindustrie mit einer Halbwertzeit von 1.600 Jahren so langlebig ist. Während sich das Cäsium 137 aus der Tschernobyl-Katastrophe inzwischen zu einem Drittel abgebaut hat, wird uns jedes einzelne Radium 226-Nuklid praktisch für ewig erhalten bleiben. Um die möglichen Gesundheitsrisiken zu minimieren, sollten

  • die Abfälle und Rückstände aus der Öl- und Gasindustrie lückenlos, kontinuierlich und von unabhängiger Stelle auf ihre mögliche radioaktive Belastung untersucht werden.
  • Sämtliche NORM-Rückstände sicher entsorgt werden (wie etwa in Norwegen oder den Niederlanden),
  • sämtliche Altlasten der Öl- und Gasindustrie nach dem Beispiel des Uran-Bergbaus erfasst und ggf. saniert werden.

Deutschland verfügt zwar über keine große Öl- und Gasproduktion. Doch es sollte trotzdem oder gerade deshalb internationale Maßstäbe setzen für den Umgang mit dieser bislang weitgehend unbekannten Gefahr - damit nicht künftige Generationen dafür bezahlen müssen, dass wir Öl und Gas im Überfluss hatten.