NRW-Reaktionen zum Garzweiler-Urteil

Kläger enttäuscht, RWE zufrieden

Stand: 17.12.2013, 19:07 Uhr

Nach jahrelangem Streit ist der Braunkohletagebau Garzweiler II vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden. In NRW fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Umweltminister Remmel sieht die Bürgerrechte gestärkt. Der Kläger ist enttäuscht. Und RWE will weiter baggern.

Der Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) zeigte sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zufrieden. Zum einen müssten bei Großprojekten die persönlichen Belange der Menschen vor Ort künftig stärker berücksichtigt werden, sagte Remmel am Dienstag (17.12.2013) in Düsseldorf. Zum anderen würden die Bürger eine frühzeitigere Klagemöglichkeit erhalten. "Das sind wichtige Entscheidungen, die ich ausdrücklich unterstütze." Sein Kabinettskollege und Wirtschaftsminister Garrelt Duin betonte auch, dass nun Rechtssicherheit geschaffen worden sei. "Wir werden die Analyse des 100-seitigen Urteils nutzen, um die Entscheidungsprozesse auch in Zukunft transparent und ausgewogen zu gestalten", so Duin.

Die Stärkung der Grundrechte bei zukünftigen Großprojekten ist aber nur die eine Seite des Urteils. Denn der Braunkohletagebau Garzweiler II wurde von den Richtern in Karlsruhe grundsätzlich gebilligt. Nach Ansicht der Richter verstoßen Umsiedlungen und Enteignungen für den rheinischen Braunkohletagebau nicht prinzipiell gegen das Grundgesetz. Die Zulassung sei wegen des Gemeinwohlbelangs der Energieversorgung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, hieß es (Az. 1 BvR 3139/08 und 1 BvR 3386/08).

Remmel räumte ein, dass sich die betroffenen Anwohner in dem Abbaugebiet sicher ein anderes Urteil erhofft hätten. "Das bedauere ich", sagte der Minister. Für die Zukunft hätten sie sich aber wichtige Grundsatzentscheidungen erstritten. Unabhängig vom Gerichtsverfahren in Karlsruhe müssten die teilweise 20 bis 30 Jahre alten Planungen für den Braunkohleabbau Garzweiler II aber nachjustiert werden, forderte Remmel. Alle Energiekonzepte in der Bundesrepublik gingen davon aus, dass sich die Verstromung der klimaschädlichen Braunkohle bis 2030 halbieren werde.

Kläger sehr enttäuscht

Der unterlegene Kläger Stephan Pütz ist von dem Urteil enttäuscht. "Es war eine lange Reise, und das Ergebnis ist sehr enttäuschend", sagte er in Karlsruhe. Der Mann aus Erkelenz-Immerath hatte über 13 Jahre hinweg durch alle Instanzen geklagt, um sein Haus im Tagebaugebiet zu retten. Das Verfassungsgericht billigte betroffenen Anwohnern wie ihm jedoch kein vom Grundgesetz geschütztes "Recht auf Heimat" zu.

Ebenfalls enttäuscht reagierte auch der Umweltverband BUND. "Unser Ziel, Garzweiler II zu stoppen, haben wir nicht erreicht", sagte der nordrhein-westfälischen BUND-Landesgeschäftsleiter Dirk Jansen zu WDR.de. Die Latte für Energiekonzerne wie RWE seien aber höher gelegt worden. "Bislang konnte man erst gegen Entscheidungen vorgehen, als die Bagger schon vor der Tür standen", sagte Jansen. Jetzt müssten Anwohner bereits im Zulassungsverfahren eingebunden werden.

Der Stromkonzern RWE sieht sich indes gestärkt. Das Urteil schaffe Klarheit für das Unternehmen und die von der Umsiedlung betroffenen Menschen, sagte eine Unternehmenssprecherin in Karlsruhe. "Wir werden Garzweiler II wie geplant fortführen."

SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer hob die energiepolitische Bedeutung des Urteils hervor. Das Gericht habe bestätigt, dass die Braunkohle "einen wesentlichen Beitrag zum Energiemix leistet und für das Gemeinwohlziel erforderlich ist". Mit der Abschaltung aller Atomkraftwerke sei klar, dass bis zur vollständigen Deckung des Strombedarfs durch die erneuerbaren Energien noch fossile Kraftwerke benötigt würden.

CDU steht zur Braunkohleförderung

Die nordrhein-westfälische CDU begrüßte das Urteil. Das Gericht habe klargestellt, dass die Braunkohleförderung einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leiste, sagte CDU-Energieexperte Thomas Kufen. Solange wir erneuerbare Energien nicht im notwendigen Maße speichern könnten, seien auf absehbare Zeit konventionelle Kraftwerke unverzichtbar. Zustimmung auch von der FDP, wo man die Notwendigkeit der Braunkohleförderung bestätigt sieht. "Noch im Jahr 2050 muss daher trotz des ansteigenden Anteils der Erneuerbaren Energien mindestens die Hälfte der gesicherten Leistung von fossilen Energieträgern wie der Braunkohle bereitgestellt werden", sagt Dietmar Brockes, energiepolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Demgegenüber verwies Kai Schmalenbach, energiepolitischer Sprecher der NRW-Piraten, darauf, dass mit dem Urteil die Rechte der Bürger gestärkt würden. Gleichzeitig forderte er, dass die Landesregierung den Ausstieg aus der Braunkohle forcieren solle.