U-Ausschuss besichtigt Landesarchiv

Ortstermin für den Untersuchungsausschuss: Dass die Kosten für das Duisburger Landesarchiv explodiert sind, ist bekannt. Wie genau ein 200 Millionen Euro teures Archiv aussieht, wollte eine Abordnung Landtagspolitiker gestern mit eigenen Augen überprüfen.

Nicht Kleckern, Klotzen scheint das Motto beim Landesarchiv gewesen zu sein. Statt es in einem zweckmäßigen Neubau unterzubringen, entschied sich die damalige schwarz-gelbe Landesregierung für ein Prestigeprojekt im Duisburger Binnenhafen. Es soll ein "Ausrufezeichen für das gesamte Ruhrgebiet setzen", sagte der damalige Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff. Kosten spielten keine Rolle.

Und so liefen sie ziemlich bald aus dem Ruder. Der Umbau des denkmalgeschützten Speichers wurde zunächst auf 42 Millionen Euro geschätzt. Momentan bewegen sich die Gesamtkosten auf 200 Millionen Euro zu. Wie konnte es zu dieser Kostenexplosion kommen? Das untersucht derzeit ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags. Seine Aufgabe ist es, die Bauskandale des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) zu durchleuchten. Am Montag (15.07.2013) haben die Mitglieder das fast fertige Landesarchiv besichtigt.

Dabei durften sie erstmals auch in den 21 Stockwerke hohen Turm des Archivs. Auf dem Bild zu sehen ist der Eingangsbereich für Besucher. Rechterhand liegt der gesicherte Eingang zu den Archivbeständen.

Hier sollen einmal die Dokumente ankommen. Es ist kühl im Turm. Geplant ist, die Raumtemperatur bei den Papier-Archivalien auf 16 Grad herabzukühlen. Die Luftfeuchtigkeit soll einmal 50 Prozent betragen. Es wird noch drei Monate dauern, ehe dieser Wert im gesamten Gebäude erreicht ist.

Im Turm selbst stehen schon die Regale, die Papiere werden aber erst ab dem Herbst von Düsseldorf nach Duisburg umziehen. Insgesamt verfügt das Archiv über gut 48.000 Quadratmeter Fläche. Es sollen Regale in einer Gesamtlänge von 139 Kilometern Platz finden.

Wenn man durch die leeren Regalwände geht, wird klar, warum der Bau immer teurer wurde. Es musste ein erheblicher Aufwand getrieben werden, um in dem Speicher Regale unterzubringen. Ein besonderes Problem war die Statik. Papier ist schwer, auf einem Quadratmeter lastet ein Gewicht von 1,5 Tonnen. Nach den Bauvorschriften darf der Boden aber nicht mehr als einen Zentimeter nachgeben.

Deshalb mussten Stahlträger in engem Abstand eingezogen werden. Dieses Nachrüsten hat Millionen gekostet. Hinzu kam noch eine extreme Kostensteigerung beim Kauf des Grundstücks. Ein Immobilienentwickler hatte dem Land das Grundstück vor der Nase weggeschnappt, es baureif gemacht und später verkauft. Statt 3,8 Millionen Euro zahlte NRW 30 Millionen Euro.

Stefan Engstfeld von den Grünen wundert sich vor allem über die Entscheidung, ein Archiv in einem Turm unterzubringen. "Das ist Wahnsinn", sagt er. "Wir müssen klären, wer dafür die politische Verantwortung trägt." Sein Kollege von der CDU, Klaus Voussem, denkt ähnlich. "Es ist faszinierend, was man alles bauen kann", sagt er. "Aber muss man auch alles bauen, was möglich ist? Ich meine nein."

Wann das Archiv öffnet, ist immer noch nicht klar. Im März 2014 soll es einen Tag der offenen Tür geben. Die Ausschussmitglieder rechnen damit, dass dann irgendwann im Sommer kommenden Jahres alles fertig ist. Die juristische und politische Aufarbeitung allerdings wird noch viele Jahre dauern.

Stand: 15.07.2013, 17:21 Uhr

Kommentare zum Thema

Kommentar schreiben

Unsere Netiquette

*Pflichtfelder

Die Kommentartexte sind auf 1.000 Zeichen beschränkt!

Noch keine Kommentare