Bericht zum Tod von V-Mann "Corelli"

Kutschaty weist Vertuschungsvorwurf zurück

Stand: 25.02.2015, 17:36 Uhr

Im Streit um Informationen über den Tod von V-Mann "Corelli" hat NRW-Justizminister Kutschaty den Vorwurf der Vertuschung zurückgewiesen. Er hatte sich geweigert, dem Innenausschuss des Bundestags Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die CDU kritisierte dies als "politische Entscheidung".

Von Dominik Reinle

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) legte am Mittwoch (25.02.2105) dem Rechtsausschuss des Landtags seinen Bericht zum Tod des enttarnten V-Manns Thomas R. alias "Corelli" vor. Dabei wies er Verschwörungstheorien zurück. Der aus Teilen der Opposition erhobene Vorwurf, er habe etwas vertuschen wollen, treffe nicht zu, sagte Kutschaty. Auslöser der Kritik war Kutschatys Weigerung, dem Bundestagsinnenausschuss das Gutachten der Staatsanwaltschaft zur Todesursache des V-Manns zu übergeben. Es habe dafür keine Rechtsgrundlage und auch keinerlei Ermessensspielraum gegeben, bekräftigte der Minister.

Der 39-jährige Thomas R. hatte fast 15 Jahre lang für den Bundesverfassungsschutz gearbeitet und gehörte offenbar zum direkten Umfeld des NSU-Trios. Seine Kontaktdaten standen auf einer Telefonliste von Uwe Mundlos, die 1998 in der Jenaer Bombenwerkstatt der dann Untergetauchten gefunden wurde. "Corelli" hatte zudem den Verfassungsschützern bereits 2005 eine CD mit dem NSU-Kürzel übergeben.

Zuckerkrankheit als offizielle Todesursache

In dem bereits vorab veröffentlichten Bericht schildert Kutschaty ausführlich, wie das "Todesermittlungsverfahren" im Einzelnen abgelaufen ist. Das Wesentliche war allerdings schon vorher bekannt: "Corelli", der nach seiner Enttarnung im Zuge der NSU-Ermittlungen in ein Zeugenschutzprogramm kam, wohnte seit Oktober 2013 in Paderborn. Dort wurde er am 7. April 2014 von Verfassungsschützern tot in seiner Wohnung aufgefunden. Nach der Obduktion seiner Leiche stellte die Staatsanwaltschaft Paderborn als offizielle Todesursache eine bis dahin unerkannte Diabetes-Krankheit fest. Ein Fremdverschulden sei auszuschließen.

Keine Akten für den Innenausschuss

Doch starb Thomas R. wirklich eines natürlichen Todes oder wollte jemand verhindern, dass er aussagt? Immerhin wurde er kurz vor einer Vernehmung durch das Bundeskriminalamt tot aufgefunden. Darüber wollte sich der Innenausschuss des Bundestages zu Beginn des Jahres ein eigenes Bild machen, doch Kutschaty verweigerte die Akteneinsicht. Stattdessen kündigte er Anfang Februar an, den Rechtsausschuss des NRW-Landtages Ende des Monats informieren zu wollen.

In seinem Bericht begründete Kutschaty nun juristisch, weshalb er dem Bundestagsinnenausschuss die erbetene Unterstützung versagt hatte. Zwar seien der Generalstaatsanwalt in Hamm und der Leitende Oberstaatsanwalt in Paderborn zunächst der Ansicht gewesen, die Weiterleitung der angeforderten Gutachten sei rechtlich zulässig. Doch "die für Öffentliches Recht und Privatrecht zuständige Abteilung des Justizministeriums" sei zum Schluss gekommen, dass eine Weitergabe unter anderem gegen das Grundgesetz verstoße. Die Fachaufsicht und damit die Prüfkompetenz liege nicht beim Innenausschuss des Bundestages, sondern beim Rechtsausschuss des NRW-Landtages. Deshalb habe sein Ministerium, so Kutschaty, den Generalstaatsanwalt gebeten, "den Umfang des Akteneinsichtsrechts im Lichte der verfassungsrechtlichen Erwägungen erneut zu prüfen". Dieser habe daraufhin seine Auffassung geändert und den Leitenden Oberstaatsanwalt entsprechend angewiesen.

CDU: "Rechtlich nicht zwingend"

Peter Biesenbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion

Peter Biesenbach (CDU)

Dieses Vorgehen kritisierte die NRW-CDU scharf: "Es ist eine rein politische Entscheidung, dass Minister Kutschaty dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages die Ermittlungsakten vorenthält", sagte Peter Biesenbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, dem WDR. "Rechtlich wäre er daran nicht zwingend gehindert gewesen." Das belege "die erste, unbeeinflusste Rechtsauffassung" des Leitenden Oberstaatsanwalts und des Generalstaatsanwalts. Es gebe in diesem Fall zwei Rechtsmeinungen, über deren Richtigkeit allenfalls ein Gericht entscheiden könne. "Ich hätte es jedenfalls begrüßt, wenn der Minister sich der ersten Rechtsmeinung angeschlossen hätte", so Biesenbach. "Damit wäre manchen Verschwörungstheorien der Boden entzogen worden."

Dem Vorwurf Biesenbachs, der Minister habe durch das Zurückhalten der Unterlagen Legenden genährt, widersprach Kutschaty in der Sitzung des Rechtsausschusses: "Ich werde mich nicht von der Opposition verleiten lassen, mich selbst strafbar zu machen."

NSU-Untersuchungsausschuss soll Akten erhalten

Kutschaty will die Akten jedoch nicht unter Verschluss halten. In seinem Bericht an den Rechtsausschuss kündigte er an, dem NSU-Untersuchungsausschuss des NRW-Landtages sämtliche den V-Mann "Corelli" betreffenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Untersuchungsausschuss habe bereits im vergangenen Dezember die entsprechenden Akten angefordert und eine Frist bis zum 26. Juni gesetzt.